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Führerscheine ohne Prüfung gegen Bargeld

■ Neuer Korruptionsfall in der Verwaltung: Beamter soll mindestens 110 Führerscheine verkauft haben

Ohne Fahrstunden und lästige Prüfung zur Fahrerlaubnis: Ein 31jähriger Beamter des Landeseinwohneramtes machte es möglich. Er verkaufte 110 amtliche Führerscheine zum Stückpreis von 4.000 Mark. Diesen neuen Korruptionsfall in der Verwaltung bestätigte jetzt der Sprecher der Justizverwaltung, Rüdiger Reiff.

Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft stellte der Beamte Karteikarten des amtlichen Führerscheinregisters auf die Namen seiner Kunden aus. Dabei waren die Listennummern und Daten fiktiv gewählt. Die Geldgeber mußten nur noch angeben, die Fahrerlaubnis verloren zu haben und die Behörde stellte problemlos Ersatzpapiere aus. Die Mehrzahl der Abnehmer sollen nach Angaben Reiffs „Araber“ gewesen sein.

Für seine Leistung habe der Beamte in zweieinhalb Jahren gut 100.000 Mark kassiert. An dem Geschäft waren nach bisherigen Erkenntnissen außerdem noch ein 58jähriger ehemaliger Mitbetreiber eines Ausländerwohnheims und zwei Mittelsmänner beteiligt. Das Schmiergeld hätten die vier Männer untereinander aufgeteilt.

„Das Ermittlungsverfahren gegen den Beamten läuft schon seit einem Jahr“, so Justizsprecher Reiff. Erst nach großangelegten Nachforschungen im Berliner Register wurde das ganze Ausmaß sichtbar. Die Staatsanwaltschaft werde in wenigen Wochen gegen den Beamten und den Wohnheimbetreiber Anklage wegen Korruption erheben.

Der Senat hat im vergangenen Herbst den Kampf gegen bestechliche Mitarbeiter bereits aufgenommen. Nach einem Vorschlag der Justizsenatorin Peschel-Gutzeit (SPD) wurde eine „Anti-Korruptions-Arbeitsgruppe“ gegründet, der Juristen, aber auch Mitarbeiter aus anderen Senatsverwaltungen angehören.

Erst am 11. Dezember war ein Ex-Regierungsoberinspektor wegen Bestechlichkeit zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Er hatte gestanden, in 27 Fällen für die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen kassiert zu haben.

Zur Bekämpfung der Korruption hat der Bund der Steuerzahler erst vor sechs Tagen in Berlin einen 22 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog vorgelegt. Vorderstes Ziel ist die „drastische Vereinfachung der Verwaltung“, erklärte der Präsident des Bundes, Karl Heinz Däke. Komplizierte Vorschriften böten Schlupfwinkel für korrumpiertes Verhalten. Der jährliche Schaden, der durch Korruption entsteht, geht, so schätzt Däke, in die Milliarden.

Der Bund fordert die Kürzung der Altersversorgung für bestechliche Mitarbeiter. Auch sollen Angestellte der öffentlichen Verwaltung dürften außer einer Tasse Kaffee keine Geschenke mehr annehmen dürfen.

„Gegen Korruption hilft nur Rotation“, sagt die Justizsprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Renate Künast. Es würde schon nützen, wenn die Beamten alle fünf Jahre ihre Buchstabenzuständigkeit ändern, damit es keinen festen Ansprechpartner für Gefälligkeiten gibt. Behörden müßten durchkämmt werden. „Vor allem in Bereichen, in denen öffentliche Aufträge und Erlaubnisse vergeben werden, hat Berlin Nachholebedarf bei der Kontrolle“, so Künast. Torsten Teichmann

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