: „Nach Blüm der Arbeitstod“
■ 45.000 Menschen demonstrierten vor der Kanzlerrunde in Bonn gegen die Frührentenpläne
Bonn (taz) – Noch gestern mittag bei der Demonstration der IG Metall in Bonn hatte deren Chef, Klaus Zwickel, die Verantwortlichen für die „wirtschaftliche, finanzielle und soziale Misere“ im Land genau ausgemacht: die Regierungskoalition. Abends saß er mit den Schuldigen an einem Tisch, um über die von Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) gewünschte Reform der Frührenten zu diskutieren. Eben gegen jene Regierungspläne hatte die Metallergewerkschaft tagsüber mobil gemacht. Rund 45.000 Demonstranten waren in fast 800 Bussen und zehn Sonderzügen nach Bonn gekommen, um unter dem Motto „Unruhe gegen den Vorruhestand“ ihren Widerstand deutlich zu machen. „Lügen haben kurze Beine“ und „Gott erschuf Blüm, danach kam der Arbeitstod“ stand auf den Plakaten.
Zwickel betonte auf der Kundgebung, die IG Metall sei bereit, über Neuregelungen zu reden, „aber wir lassen uns keine Diktate um die Ohren hauen“. Blüms Koppelung von Teilrente mit Teilzeitarbeit gewähre nur ein monatliches Einkommen von 60 Prozent des früheren Bruttolohns. „Davon kann kein durchschnittlich verdienender Arbeitnehmer mit seiner Familie leben.“ Die IG Metall fordere deshalb, daß bei Altersteilzeitarbeit ein Einkommen von 90 Prozent des früheren Nettoeinkommens erzielt werden müsse. Durch Zuzahlung des Arbeitgebers und der Arbeitslosenversicherung in die Rentenkasse müsse das Rentenniveau für den Betroffenen auf der Basis des Vollzeiteinkommens gehalten werden. Würden Blüms Pläne umgesetzt, drohe eine Katastrophe auf dem Arbeitsmarkt.
Vor der Kanzlerrunde waren sich die Bonner Parteien darüber einig, daß auch künftig die Verkürzung der Lebensarbeitszeit möglich sein müsse. Strittig war allerdings die Frage der Finanzierung. Die SPD hält das Blümsche Modell mit seinen hohen Abschlägen für so unattraktiv, daß kein Arbeitnehmer sich darauf einlassen würde. Im Bundesarbeitsministerium gab man sich diplomatisch. Blüm werde daran festhalten, den Trend zur Frühverrentung zu stoppen, sagte ein Sprecher. Karin Nink Seiten 5 und 10
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