: Braune Flecken im Esoterik-Schleier
■ Arbeitskreis und Sektenbeauftragte warnen vor der undemokratischen Geheimniskrämerei der „Neuen Akropolis“
Zwischen Bachblüten, I-Ging und Platons Höhlengleichnis oszilliert das Märzprogramm der „Neuen Akropolis“ in der Altonaer Blücherstraße. Das „Freie philosophische Zentrum e. V.“ wirbt akademisch-seriös für seine Vorträge und Seminare, die es seit 1991 in Hamburg abhält.
„Braune Flecken“ hat jedoch der „Arbeitskreis gegen Neue Akropolis“ auf dem reinlich-esoterischen Gewand der Vereinigung gefunden: Nach Erkenntnissen der engagierten Privatleute ist die „Akropolis“ eine Sekte mit faschistoiden Zügen. Zum Beweis zieht der Arbeitskreis die Schriften des 1991 verstorbenen Argentiniers Jorge Angel Livraga heran, der die „Akropolis“ 1957 gegründet hatte.
In seinem Manifest „Wir Akropolitaner“ nennt er die Aristokratie die beste, die Demokratie die schlechteste aller Regierungsformen, vertritt an verschiedenen Stellen Führerprinzip, predigt Sozialdarwinismus und propagiert beipielsweise: „Es ist ein größeres Verbrechen, eine Ameise grundlos zu töten als einen Menschen im Namen eines Ideals.“
In Hamburg hat die Akropolis 30 in ihren Lehren geschulte Mitglieder. Nach einer etwas schwachen Anlaufzeit hat die Akropolis im vergangenen Jahr zugelegt: Inzwischen kommen regemäßig rund dreißig Interessierte zu den Vorträgen – 500 etwa sind es im Jahr, und seit Januar dieses Jahres gibt es einen „Freundeskreis“. „In Frankreich ist öffentlich bekannt, daß die Akropolis Kontakte zur rechtsextremen Front National pflegt; sie gilt dort als gefährliche Sekte“, erklärt Kathrin vom Arbeitskreis. Von nur-esoterischen Klüngeln unterscheidet sich die Akropolis ihrer Ansicht nach durch ihre konspirative, straff hierarchisch gegliederte „Geheimstruktur“. Morgen wollen die Akropolis-GegnerInnen in der Ottenser Friedenskirche über Herkunft und Ideologie der Sekte aufklären.
Auch Hilde Mayer-Gutdeutsch, Akropolis-Chefin in Hamburg, will an der Veranstaltung teilnehmen. „Die Vorwürfe des Arbeitskreises sind absurd“, sagt sie – „unsere philosophischen Ideen sind politisch umgebogen worden.“ Von einer „Geheimstruktur“, die auch einen „Sicherheitsdienst“ umfaßt, der sich faschistischer Symbolik bedient, will sie nichts wissen: „Man kennt von uns keine politische Handlung.“
„Nicht wir, sondern die stehen in der Beweispflicht, daß sie nicht faschistoid sind“, meint dagegen Gabriele Lademann, Sektenbeauftragte der evangelischen Kirche. Sie verweist auf das „Lexikon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen“ von 1990, das die Akropolis als „eine der radikalsten Gruppierungen mit politischem Anspruch“ bezeichnet. „Die Akropolitaner in Hamburg sollen sich öffentlich von den Aussagen ihres Gründers Livraga distanzieren.“ Das käme, meint Kathrin, „einer Selbst-Auflösung gleich.“ Es bleibe abzuwarten, inwieweit sich die Sekte selbst verleugnen wolle.
Ulrike Winkelmann
Info-Veranstaltung morgen, 19.30 Uhr, im Gemeindehaus der Friedenskirche, Am Brunnenhof 2
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