: Die schwarzen Blaupausen
■ Stereotypen und Vorbilder: Die Blaxploitation-Reihe im Alabama zeigt afro-amerikanische Action-Pioniere der 70er Jahre
Nach Spike Lees Vorstößen zu einer breiten Hollywood-Akzeptanz zeigt sich , trotz der schwierigen Verleih-Lage, auch hier afro-amerikanischer Film facettenreicher denn je. Neben schwarzen Action-Stars in weißen Hollywood-Filmen wie Wesley Snipes, schwarzen Mittelklasse-Komödien wie Waiting to Exhale und politischen Kampf-filmen wie Panther, den Mario van Peebles mit seinem Vater Melvin drehte, der seit Sweet Sweetback–s Badassss Song als Pionier des schwarzen Kinos gilt, tauchen immer wieder neue Sub-Genres mit dem Suffix „afro-amerikanisch“ auf. Daß die meisten dieser Ausprägungen, die Hollywood gerade nacheinander durchspielt, ihre historischen Vorläufer haben, wird sich inzwischen herumgesprochen haben. So kommt die Blaxploitation-Reihe, die das Alabama in den nächsten Monaten veranstaltet, gerade zum rechten Zeitpunkt.
Unter „Blaxploitation“, auch „Black Exploitation“ oder Blackxploitaion“, versteht man, ungeachtet der irreführenden Bezeichnung, eine in den frühen 70ern aufgekommene Bewegung im schwarzen Action-Kino, die sich nur vor dem Hintergrund der sozialen Veränderungen verstehen läßt. So spiegelten schwarze Schauspieler wie Sidney Poitier und Harry Belafonte, die für Toleranz und Verständnis eintraten, in Zeiten der Black-Panther-Bewegung kaum die gesamte Bandbreite afro-amerikanischer Lebensbedingungen wieder.
Befeuert durch experimentelle Theatergruppen gelang es Ossie Davis so 1970 mit Cotton Comes to Harlem, als erster schwarzer Regisseur einen großen Film zu drehen. Die Komödie über das Ghetto wurde allerdings heftig dafür angegriffen, daß sie schwarze Stereotypen zeige, für die sich weiße Regisseure geradezu geschämt hätten. Dennoch wurde aber durch diesen Film der Markt für schwarze Filme von Schwarzen geöffnet, weiß Gary Null in seinem Standardwerk Black Hollywood zu berichten.
In der Folge etablierte sich im ersten „Black Cinema“ aber ein anderer, selbstbewußter, aber auch gewalttätiger Ton. Stars wie Jim Brown und Richard Roundtree wurden ohne Umschweife an die Leerstelle von weißen Actionhelden gesetzt und so zur Projektionsfläche für die afro-amerikanische Bevölkerung der USA – eine Herangehensweise, die sich bis zu Produktionen wie Mr. Cool aus dem letzten Jahr fortsetzt. Auch wenn filmische Protoypen wie Shaft (1971) und Slaughter's Big Rip Off (1973), die die Blaxploitation-Reihe im Alabama eröffnen, für damalige Verhältnisse sehr gewalttätig daherkamen, sieht Gary Null in der ritualisierten Darstellung von Gewalt in beiden Filmen eher kathartische denn nachahmende Wirkung.
In Shaft, dem neben Superfly wohl bekanntesten Blaxploitation-Film, steckt Gordon Parks Richard Roundtree in die Rolle eines furchtlosen Detektivs, der sich mit jedem anlegt. Ob Polizei, Mafia oder schwarze Militante, niemand kann dem männlichen, schwarzen Action-Helden beikommen. Allein seine Accessoires, sein Slang und der Soundtrack von Isaac Hayes sind noch schwarz. Ansonsten fügt sich Roundtree – zumindest nach Gary Null – nahtlos in eine Hollywood-Tradition von Bogart über Wayne zu Connery ein.
Weil Shaft aber so bruchlos die Phantasien des afro-amerikanischen Publikums der frühen 70er Jahre erfüllte, ließ Gordon Parks noch die Fortsetzung Shaft's Big Score und den lebensechteren Superfly folgen, der die Reihe im März fortsetzt. Shaft: Mo, 19. und Di, 20. Februar, Alabama, jeweils 22.30 Uhr. Weitere Filme siehe Kinoprogramm.
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