: HEW-Verkauf: Dementi dritter Klasse
■ Hebelt Senatorenduo Runde/Vahrenholt Beschluß des SPD-Parteitags aus?
Das Dementi war so wortgewaltig wie inhaltsschwach. Völlig „aus der Luft gegriffen“, verlautbarten die Senatoren Ortwin Runde (Finanzen) und Fritz Vahrenholt (Umwelt) im Gleichklang, sei die Behauptung, sie hätten sich geeinigt, rund 30 Prozent der im städtischen Besitz befindlichen Aktien der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) zu verkaufen.
Doch daß ein Anteils-Verkauf dieser Größenordnung für sie nicht zur Debatte stehe, wollten die beiden SPD-Herren dann auch auf Nachfrage lieber auch nicht behaupten. Der Anlaß für die verbale Launummer: Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) hatte gestern unter Berufung auf eine „Top-Quelle“ gemeldet, die beiden SPD-Politiker hätten sich darauf verständigt, Hamburgs Beteiligung an den HEW von 71,4 Prozent auf 42 Prozent runterzufahren und damit einen SPD-Parteitagsbeschluß vom vergangenen November auszuhebeln.
Damals hatten sich die Elb-Sozis nach hitziger Debatte darauf verständigt, daß zumindest eine 50,1 Prozent-Mehrheit Hamburgs an dem Energieunternehmen keinesfalls aufgegeben werden dürfte. Vor allem der städtische Einfluß auf die Atompolitik des Unternehmens, so beharrten die Verkaufskritiker – unter ihnen Umweltsenator und HEW-Aufsichtsratschef Vahrenholt – solle auf jeden Fall gewahrt bleiben. Doch Geldeintreiber Runde tönte bereits auf dem Parteitag unverblümt: „Da halt ich mich nicht dran.“ Eine 25prozentige Sperrminorität der Stadt müsse an Einfluß ausreichen.
Mit einem 42-Prozent-Anteil hingegen wäre Hamburg zwar auch seine absolute Mehrheit los, behielte aber – da sich das Gros der bereits verscherbelten HEW-Wertpapiere im Streubesitz von rund 17.000 Kleinaktionären befindet – die faktische Mehrheit auf den Aktionärsversammlungen – und damit den Anspruch, den Aufsichtsratschefsessel weiterhin mit Vahrenholt zu besetzen.
Auch in der HEW-Zentrale am Kapstadtring löste die Nachricht von den weitgehenden Verkaufsabsichten gestern einigen Wirbel aus. Denn nach Willen der Konzernspitze soll die absolute Mehrheit gehalten, allenfalls zwei Anteils-Pakete von jeweils gut zehn Prozent an die Preussen Elektra und den Berliner Stromversorger BEWAG transferiert werden.
Die Doppellösung hätte vier Vorteile: Die HEW-Vorständler würden verhindern, daß einer der Konkurrenten auf dem Strommarkt die Sperrminorität von 25 Prozent bei der HEW erreicht und damit die Unternehmenspolitik nachhaltig beeinflussen kann. Während der Atomgigant RWE außen vor bliebe, würde HEW-Partner Preussen Elektra, mit dem die HEW zusammen ihre vier Atommeiler betreibt, ökonomisch befriedigt – bliebe aber unternehmenspolitisch einflußlos. Und mit der BEWAG, die keine Interessen im Atomgeschäft hat, gelänge ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: HEW und BEWAG kaufen sich gegenseitig städtische Firmenanteile ab und pumpen so über Kreuz ihre Finanzreserven in die ausgebluteten Kassen von Berlin und Hamburg. Marco Carini
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