: Duran ist hungrig, Duran ist kein Hasenfuß
■ Das Fieber ist gesunken: Ohne republikweite Hysterie verteidigt Henry Maske heute in der Dortmunder Westfallenhalle seinen WM-Titel gegen Duran Williams
Berlin (taz) – Henry Maske ist bekanntlich ein Taktiker. Wenn er also vor dem heutigen, seinem zehnten WM-Kampf, einer Pflichtverteidigung gegen einen Herrn Duran Williams „ehrlich sagt“, die Anspannung werde mit jeder Titelverteidigung „ein bißchen schlimmer“, so mag das stimmen. Oder der Versuch gewesen sein, den Zuhörern bei der Dortmunder Pressekonferenz das Gefühl auszutreiben, es laufe Routine ab. Jedenfalls nichts Besonderes.
Das nun ist schwer, und Henry Maske hat es bei allem Bemühen nicht vermeiden können. Das öffentliche Sparring, das gestrige Wiegen, alles wie immer, und doch etwas verhaltener. Ein bißchen Schattenboxen, ein paar übliche Fragen („Henry , ist das dein letzter Kampf?“), ein paar übliche Antworten („Damit befasse ich mich jetzt noch nicht“).
Als der Gegner Duran Williams (28) in Dortmund ankam, hat die Sauerland-Crew einmal ein Lautsignal von sich gegeben. Es ging um die Größe des Herausforderers (Schätzungen liegen zwischen 1,77m und 1,80m). Und klang wie: Vorsicht, da ist einer drei Zentimeter kleiner als bestellt angekommen. Tenor: Jetzt ist er womöglich so winzig, daß ihn der große Maske gar nicht richtig treffen kann. Leute, die sich ein bißchen auskennen, wissen, daß der „Zwerg“ (Bild) andererseits damit so klein ist, daß er an den Defensivkünstler Maske (1,91 m) kaum herankommen kann.
Williams, in Jamaika geboren, in den USA lebend und nun aus der mexikanischen Höhe angereist, hat 17mal geboxt, einmal davon unentschieden, den Rest gewonnen. Das macht ihn zur IBF- Herausforderer Nummer 1. Er gilt als eine einigermaßen gelungene Mischung aus Puncher (11 K.o) und Techniker. Und sagt das übliche: „Duran ist hungrig, Duran ist kein Hasenfuß, es geht um Töten und getötet werden“ et cetera.
Bei Sauerland disponiert man im Moment wieder etwas um. Axel Schulz wird den Laden langfristig kaum am Prosperieren halten können, das ahnt man inzwischen, egal, wie die Verhandlung demnächst ausgeht. Gegen Torsten May, der im April Weltmeister werden soll, ist selbst Maske eine charismatische Figur. Und bei der IBF, heißt es, sei man in den letzten Wochen etwas verstimmt, über die Sauerland-Manöver in Sachen Schulz–Botha. Und der Einfluß von Sauerland-Intimfeind Don King auf den Präsidenten Robert Lee nicht zu unterschätzen.
Was sich abzeichnet: Sauerland braucht Henry Maske noch. „Mindestens noch eineinhalb Jahre“, schätzt Jean Marcel Nartz, der Technische Direktor. Doch gibt es zwei Probleme. Zum ersten: Die Figur Henry Maske kann mittlerweile kaum mehr weiterentwickelt werden. Sämtliche Fragen der Ehre sind im Prinzip beantwortet. Daß der Boxer „konsumfähig im Einklang mit allen gesellschaftlichen Strömungen“ ist, wie ihn seine eigene Werbeabteilung anpreist, ist längst bewiesen.
Ob der WBA-Weltmeister Virgil Hill den ungeschlagenenen Maske (28 Kämpfe, 28 Siege) tatsächlich ausprobieren will, ist nicht unbedingt vorauszusetzen. Genausowenig andersherum. Maske zu WBO-Weltmeister Michalczewski zu überreden, wird auch nicht einfach. Womöglich könnte einzig die IBF der erzählten Geschichte noch einmal eine kleine, aber feine Wendung geben. Setzt sie den soeben ins Halbschwergewicht gewechselten Supermittelgewichts- Weltmeister Roy Jones Jr. an die Spitze der Herausforderliste, müßte Maske im Herbst seinen Titel gegen den pflichtverteidigen. Jones kann boxen. In der vielschichtigen Interessenlagen unterworfenen Boxszene wäre das allerdings auch für Wilfried Sauerland ein kleiner Hinweis, daß der Verband über den Standort Deutschland nachdenkt. Oder zumindest über den bisherigen Partner. pu
Siehe auch Querspalte S. 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen