Trauerarbeit im Akkord

Auch was für Bob Dole: In „It's My Party“ von Randal Kleiser (Panorama) weht die US-Flagge und die HIV-Infektion kommt von Promiskuität  ■ Von Thomas Winkler

Der alte Song hat einen anderen Text jetzt. „It's my party and I die if I want to“, singt Nick, aber die Entscheidung ist keine mehr. Nick hat Aids, und in wenigen Tagen wird ihm sein Gehirn den Abschiedskuß geben und ihn zum „Gemüse“ machen. „Ich will nicht blind in meiner eigenen Scheiße sterben“, sagt er und schmeißt deshalb eine letzte Party, an deren Ende sein Selbstmord stehen wird.

Also hat Randal Kleiser mit „It's My Party“ ein Film übers Abschiednehmen gemacht, oder über die Unmöglichkeit Abschied zu nehmen, wenn man nicht „Auf Wiedersehen“ sagen kann. Und er hat genau die Probleme, die auch jeder Mensch hätte, der auf dieser Party eingeladen wäre.

Und weil man ein Leben lang nur das Leben erfahren hat, scheint es plötzlich einfacher, sich um die Trauernden als um die Sterbenden zu kümmern. Und genau das tut dieser Film. Nick sieht immer noch aus wie frisch unter der Sonnenbank hervorgezogen, nur im Fitness-Studio kriegt er nicht mehr jedes Gewicht hoch, manchmal ist er vergeßlich und sieht nicht mehr so gut. Anstatt sich ums eigene Sterben zu kümmern, muß er ständig Leute in den Arm nehmen und sie trösten. Trauerarbeit im Akkord.

Weil die Verdrängung funktioniert, hat das Sterben hat hier nichts Erniedrigendes, stattdessen stehen wohlgeformte männliche Körper um den Pool eines schicken Hauses irgendwo in den Hügeln um Los Angeles und schwenken ihre Cocktailgläser. Das Weinen müssen die Frauen übernehmen, die Mutter, die Schwester. Und die gute Freundin spielt — eine amerikanische Marianne Rosenberg — Olivia Newton-John. Übrigens: „Grease“ war das Kino- Debut von Kleiser. Der hatte nun vor allem das Problem, einen Film über das Sterben zu machen, der nicht nur rührselig ist. Also bricht Kleiser die unvermeidlichen Tränen, das allzu Glatte und Vorhersehbare der Inszenierung mit einem makabren Humor, für den der Sterbende selbst zuständig. Der darf das. Oder andere Sterbende: In einer Rückblende wird die Geschichte (ist das jetzt der homosexual subplot of the homosexual mainplot?) eines Freundes erzählt, der denselben Weg wählte. Als sie ins Zimmer kommen, beginnt der vermeintliche Tote plötzlich zu schnarchen. Natürlich setzt in den richtigen Momenten ein wohltemperiertes Klavier ein, aber zumindest die Geigen hat man „Philadelphia“ überlassen.

Ansonsten ist „It's My Party“ ein Film, der auch Bob Dole gefallen könnte. Kein Sex ist zu sehen, nur ein leidenschaftlicher Kuß, und über dem Eingang von Nicks Haus weht die US-Flagge im Wind. Der Tod führt sogar die Familie wieder zusammen: George Segal spielt den zerknirschten Vater, der sich auch nach 20 Jahren Trennung wieder mit seiner Frau darüber streiten darf, warum der gute Junge denn nun schwul geworden ist. Schuld an der Infektion ist natürlich die Promiskuität. Als Nick von seiner großen Liebe gefragt wird, wie das passieren konnte, sagt er: „Bevor wir uns trafen“. Und die große Liebe, der erfolgreiche Regisseur, trägt den sterbenden Nick, den erfolgreichen Architekten, aus dem schlußendlich verbliebenen engsten Familienkreis aufs Sterbebett.

„It's My Party“, USA 1995, 110 Min., Regie: Randal Kleiser

Heute um 17 Uhr im International