: Vorspiel zum Konkurs
■ Der Vergleich wird den Vulkan-Konzern nicht retten
Ein gigantisches Projekt ist gestern zu Bruch gegangen: Aus den maroden Bremer Werftbetrieben hat der frühere Wirtschaftsstaatssekretär des Stadtstaates, Friedrich Hennemann, seit Ende der 80er den größten deutschen Schiffbaukonzern zusammengezimmert. Und nicht nur dies: Hennemanns Vision war die maritime Industrie des 21. Jahrhunderts. Zu den Werftbetrieben waren im Vulkan-Imperium hochmoderne Anlagenbaufirmen und mehrere tausend Ingenieure der Rüstungselektronik-Betriebe von MBB, AEG und Krupp gekommen. Hennemanns Traum war es, bei der Verwertung der Reichtümer der Meere diesen technologischen Vorsprung einbringen zu können. Mit seiner Zukunftsvision konnte er lange alle blenden, die nach den soliden Grundlagen des Tagesgeschäfts fragten.
Festgestellt werden muß aber auch: In Deutschland gibt es keine Industriepolitik, die Konzepte wie das des Vulkan-Verbundes begleitet und kontrolliert. Das kleine Land Bremen hat nur staunend zugesehen, wie Vulkan den engen Landesgrenzen entwuchs. Ein Bankenkonsortium sicherte viele Jahre die Liquidität und zog dann in einer Weise die Notbremse, die den Konzern monatelang führungslos machte. So wurde er erst richtig ins Trudeln gebracht.
Nach vier Monaten Übergangszeit ohne Hennemann gibt es keine Andeutung von einem neuen Konzept. Der neue Vorstandschef Udo Wagner weiß bis heute nicht zu sagen, auf welche Perspektive die einzelnen Betriebe sich einstellen müssen und welchen Sinn der Verbund machen könnte. Das ist ein schlechtes Omen. Warum sollten die Banken, die in den letzten Wochen nur daran gearbeitet haben, ihre Kredite durch staatliche Bürgschaften abzusichern, plötzlich auf einen wesentlichen Teil ihrer finanziellen Forderungen verzichten? Warum sollte das Bundeswirtschaftsministerium, das sich bisher vornehm herausgehalten hat, jetzt plötzlich eine Idee davon entwickeln, was der Vulkan-Konzern hätte werden können?
Jetzt wird der Konzern zerlegt und zerfleddert. Für einen Teil der Firmen ist der gestern verkündete Vergleich nicht mehr als das Vorspiel für den Konkurs. Zahlen werden die Zeche nicht diejenigen, die industriepolitisch versagt haben, sondern Tausende von Arbeitern. Klaus Wolschner
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