: Bremen als Bittsteller in Bonn
■ Bundestagsdebatte zur Vulkan-Krise / Zulieferer in Nöten Schwierigkeiten
Der Bundestag wurde gestern zur Bremer Bühne (vgl. Seite 2 und 6): Zum Auftakt der Aktuellen Stunde über die Vulkan-Krise bat Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) ganz bescheiden um Hilfe. „Anregungen“ für ein künftiges gemeinsames Vorgehen des Bundes und der Küstenländer wolle er geben, keinesfalls maßlose Forderungen stellen. Zur Begründung bemühte Scherf die Historie: An der Unterweser würden seit 1200 Jahren Schiffe gebaut und niemand könne sich vorstellen, daß es damit ein Ende haben könnte.
CDU-Landeschef Bernd Neumann gab der SPD die Schuld am Vulkan-Debakel: Versagt habe der Vorstand „im Zusammenspiel mit sozialdemokratischer Politik“. Ex-Vulkan-Chef Hennemann habe den Konzern „à la SPD weniger nach betriebswirtschaftlichen, sondern nach arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten geführt“. „Das daraus resultierenden Desaster bestätigt uns heute“, so Neumann. Es sei „schäbig“ wenn SPD-Politiker heute der Bundesregierung eine Mitverantwortung zuweisen wollten.
Da fuhr die Bremerhavener SPD-Abgeordnete Ilse Janz dazwischen: Gerede wie im Wahlkampf sei das. Die Bundesregierung sei zumindest für die mangelhafte Kontrolle der Treuhand-Nachfolgebehörde BVS gegenüber den Vulkan-Transaktionen zuständig. Für die Grünen bedauerte Marieluise Beck, daß durch die Vulkan-Affäre das Vertrauen zwischen Ostdeutschen und Westdeutschen belastet worden sei und nun die Europäische Union als Sündenbock mißbraucht werde. Auch die Bremer CDU habe die konzeptlose Subventionspolitik für den Vulkan mitgetragen. Als die Grünen in der Bürgerschaft gegen die letzten Bürgschaften gestimmt haben, seien sie von CDU-Wirtschaftssenator Perschau mangelnder Solidarität mit den Werftarbeitern bezichtigt worden.
In Bremerhaven haben sich gestern AfB und Grüne auf einen gemeinsamen Antrag zur Vulkan-Krise geeinigt. Darin wird die Einsetzung einer „Aktionsgemeinschaft Rettet den Werftenstandort Bremerhaven“ mit Vertretern des Magistrats, des Senats, der Handelskammer, der Gewerkschaften, Unternehmensvorstände, Betriebsräte und Fraktionen gefordert. Dort solle auch über die Umschichtung von Mitteln des Investitions-Sonderprogramms für die Werften beraten werden.
Unterdessen sind bereits 20 niedersächsische Zulieferfirmen der Vulkan Verbund AG in Liquiditätsengpässe geraten. Die Firmen hatten sich bei der vom Wirtschaftsministerium eingerichteten Hotline gemeldet. jof / Ase
Sofern diese Liquiditätsprobleme nicht durch die Hausbanken der Firmen zu lösen seien, werde das Ministerium die Vergabe von Landesbürgschaften prüfen, sagte ein Sprecher des Ministeriums.
jof / Ase
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