: Kantstraße ist krebserregend
■ Greenpeace stellt Ergebnis einer zweiwöchigen Luftmessung vor
Wer am Vormittag in der Charlottenburger Kantstraße, zur Hauptbelieferungszeit für die dortigen Geschäfte, zweimal tief Luft holt, dessen „Tagesbedarf an Dieselruß ist gedeckt“, kommentiert Greenpeace-Wissenschaftler Karsten Smid polemisch die Ergebnisse einer zweiwöchigen Schadstoffmessung der Umweltschutzorganisation. „Die Zahlen sind schlimmer als erwartet“, so Smid, doch der fast fünf Kilometer lange Straßenzug sei beispielhaft für die Situation einer Berliner Hauptverkehrsstraße.
Zu Spitzenzeiten ist der Anteil von krebseregendem Dieselruß mit 60 Mikrogramm um das zehnfache höher als die von Gesundheitsexperten empfohlenen Grenzwerte. Im Giftcocktail der Autoabgase sind außerdem Benzole, Stickoxide und Kohlenmonoxide enthalten. 30.000 Autos und 2.000 Lastwagen am Tag bringen Lärm und Unfallgefahr in die Straßenschlucht. „Die Situation ist für die Gesundheit der Kinder besonders gefährlich“, sagt der Wissenschaftler.
Dies sei „eine Folge der nicht vorhandenen Verkehrsplanung in dieser Stadt“, ergänzt Hans-Joachim Riesenberg, der im Auftrag von Greenpeace gestern eine Studie zur Verkehrsverminderung vorstellte. „Wir müssen Orientierungslosigkeit durch Sackgassen, eingeschränkte Parkplatzangebote und Tempo-30-Begrenzungen schaffen, um die Autofahrer abzuschrecken“, schwärmt Riesenberg. So glaubt er das Verkehrsaufkommen um 60 Prozent reduzieren zu können. Er fordert die Einrichtung von Busspuren, Lieferzonen und die Reduzierung auf eine Fahrbahn. Für die Zukunft schwebt ihm eine Straßenbahnlinie vor, die die City Ost und West verbindet und auch durch die Kantstraße fährt. Da es kein Verkehrskonzept für die gesamte Stadt gebe, können immer nur einzelne Straßenzüge beruhigt werden, so Verkehrsplaner Riesenberger.
Für die Studie sammelt Greenpeace, gemeinsam mit Anwohnern und Geschäftsleuten, Unterschriften, die Ende März Bau- und Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) überreicht werden sollen. Die Umweltschützer unterstützen Anwohner, die „Anträge zur Verminderung verkehrsbedingter Belastungen“ bei der Verkehrsbehörde stellen.
Die Gespäche mit der Behörde über die Kantstraße werden indes nicht wieder aufgenommen. Die Verwaltung sei arrogant, zynisch und menschenverachtend gegenüber den Problemen der Anwohner von Hauptverkehrsstraßen, so Smid. Torsten Teichmann
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