Kommentar: Alle wußten alles
■ Wenn Bremen Unternehmer spielt
Die Bremer Politik ist in einer verzwickten Lage. Natürlich tun jetzt alle so, als wären sie überrascht, als hätten sie es nicht gewußt. Dieses Unschulds-Spiel ist erforderlich, denn sonst könnte die Bereitschaft anderer, Bremen in der verzweifelten Lage zu helfen, unter Null sinken. Schuldig ist der Konzernvorstand?
Die Notlüge ist zu brüchig, sie wird den Bremern nicht einmal in Hannover abgenommen. Mehrere alte Vorstandsmitglieder sitzen nach wie vor in ihren Ämtern. Und keiner von denen, die in den bremischen Ausschüssen eine Bürgschaft nach der anderen beschlossen haben, kann behaupten, er hätte nicht gewußt, wofür. Dank des spezifischen bremischen Systems saßen da Regierung wie Opposition, SPD, CDU, FDP, Grüne.
Daß die Gelder für Ost-Subventionen auf West-Konten lagen und in der Bilanz verlogen als „liquide Mittel“ auftauchen, das steht in offiziellen Bremer Protokollen von vor einem Jahr. Damals machte der Mangel an Aufträgen für den Vulkan Sorge, die Auftragsbücher wurden dann durch Dumping-Angebote gefüllt. Das wußten auch die Betriebsräte-Aufsichtsräte, wenn sie rechnen konnten.
Nur: Was man denn tun sollte, um die drohende Fahrt gegen die Wand zu vermeiden, das wußte man damals so wenig wie heute, wo der Bremer Staat direkt Unternehmer spielen will und nicht nur indirekt wie bisher . Klaus Wolschner
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