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Lambsdorff lobt Schröders Asienpolitik

FDP-Beifall für Asienmemorandum: Größere Anstrengungen im Bildungsbereich erforderlich. SPD-Abgeordneter Jens vermißt Vision in der deutschen Wirtschaftspolitik  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Berlin (taz) – Otto Graf Lambsdorff geht mit der SPD wie weiland in den siebziger Jahren. Der wirtschaftpolitische Sprecher der FPD-Bundestagsfraktion kann dem Asienmemorandum der SPD- Politiker Gerhard Schröder und Siegmar Mosdorf und des Daimler-Chefs Jürgen Schrempp „nur zustimmen“ (siehe: taz vom 28. 2. 96). Schröder und Schrempp hatten vor dem Asiengipfel in der taz mehr Innovationen gefordert. Die bloße Verteidigung bestehender Marktanteile bedeute „den Untergang auf Raten“.

Lambsdorff schränkte gegenüber der taz ein: „Die Botschaft, wir werden uns mehr anstrengen müssen, kommt herzlich spät.“ Inzwischen müsse sich die deutsche Industrie nicht nur mit den Herausforderungen aus dem Fernen Osten herumplagen. Die heutige Wettbewerbsposition werde durch die Niedriglohnländer in Mittel- und Osteuropa geprägt.

Lambsdorff und der SPD- Wirtschaftspolitiker Uwe Jens forderten am Wochenende ein besseres Bildungssystem, um weiter wettbewerbsfähig zu bleiben. „Hier liegen Verhakungen vor. Wir geben mehr Geld aus für den Konsum als für Bildung“, sagte der FDP-Politiker. Immer noch lernten wesentlich mehr Japanerinnen und Japaner Deutsch, als Deutsche Japanisch. Jens ergänzte, die Kreativität werde an Schulen und Hochschulen einfach zu wenig gefördert. „Und die finanzielle Ausstattung wird eher schlechter als besser.“ Die bemerkenswerte Übereinstimmung zwischen Sozialdemokraten und Liberalen in der Wirtschaftspolitik geht noch weiter. Moderne Unternehmen bräuchten weniger Hierarchie und mehr Vision, meinten Lambsdorff und Jens unisono. Nur hätten die Unternehmen und Manager in Deutschland dies spät erkannt.

„Wir haben in den siebziger Jahren in den Programmen zur Humanisierung der Arbeitswelt die Gruppenarbeit propagiert, die Schweden haben damit experimentiert, und die Japaner haben sie wirklich umgesetzt“, bemerkt Jens. Jetzt erst würden auch deutsche Großunternehmen erste und zweite Schritte in diese Richtung unternehmen, beobachtet Lambsdorff: „Ganze Hierarchieebenen sind gestrichen worden.“ Rationalisierung allein sei aber nicht das Ziel: „Innovationen müssen schneller in Produkte umgesetzt werden.“

Uwe Jens hat bei seinem letzten Japanbesuch erstaunt beobachtet: „Die basteln immer noch an gemeinsamen Visionen, an Plänen, zum Beispiel dem von der müllfreien Gesellschaft. Genau das fehlt uns hier. Bei der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung wird nicht klar, wohin sie mit all den Einzelmaßnahmen will.“

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