Kommentar: Politisch verfolgt
■ Wird Recherche in Bremen verboten?
Was hätte es in Bremen wohl für einen Aufstand gegeben, wenn die Polizei 400 Autofahrer zwangsweise zur Blutentnahme auf die Wache verfrachtet hätte, dann aber nur bei 200 von ihnen tatsächlich Alkohol im Blut festgestellt hätte? Mit dieser provozierenden Frage hat der sich Mitarbeiter des Anti-Rassismus-Büros, Matthias B., gestern vor Gericht gegen den Vorwurf der Volksverhetzung verteidigt. Seine Einschätzung: Es muß „rassistische Sonderbehandlung“ sein, wenn in Bremen von der Polizei 400 Personen zwangsweise Brechmittel verabreicht werden, über 80 Prozent von ihnen schwarze Hautfarbe haben und nur bei der Hälfte durch erbrochene Drogenpäckchen der Beweis für verbotenes Dealen erbracht wird.
Das Argument ist plausibel, egal wie provozierend es vorgetragen wird. Und es war auch wirkungsvoll: Schließlich ist seit der Veröffentlichung der Vorwürfe des Antirassismus-Büros die Brechmittelvergabe in Bremen inzwischen fast auf Null zurückgegangen.
Amnesty International hat Recht, wenn es bei einer Verurteilung die Arab-Mitarbeiter als „politische Gefangene“ adoptieren will. Denn die Verfolgung richtet sich hier nicht gegen grundlose Haßtiraden, sondern gegen frappierende Erkenntnisse über das Innenleben der Bremer Polizei. Und wenn es wirklich verboten wäre, so etwas zu veröffentlichen, dann stünde es um die Meinungsfreiheit in Bremen nicht besser als in Bangla Desh. Dirk Asendorpf
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