„Sozial und demokratisch handeln“

■ Bauwagenburg „Henriette“: Hoffnung auf einen neuen Platz Von Kai von Appen

Im Konflikt um die Zukunft der Bauwagenburg „Henriette“ an der Waterloo-Straße werden am kommenden Dienstag Eimsbüttels Bezirksamtschefin Ingrid Nümann-Seidewinkel und die BauwagenbewohnerInnen den Versuch unternehmen, doch noch eine einvernehmliche Lösung auszuloten. Nümann-Seidewinkel: „Ich sehe auf jeden Fall Gesprächsbedarf. Die Leute haben aber schon zwei Termine platzen lassen. Ich glaube, die spielen auf Zeit.“

Wie berichtet, war den „Henriette“-Leuten in der vorigen Woche ein Räumungsultimatum für den 15. Februar gestellt worden. Nümann-Seidewinkel: „Es war schon im Oktober klar, daß der Platz zu diesem Termin geräumt werden muß.“ Nach der Bezirksamts-Planung sollten die „Henriette“-Bauwagen auf den von GALier Ernst Medecke gepachteten Bauwagenplatz am Parciusweg umziehen. „Nicht zuletzt aus diesem Grund haben wir den Vertrag mit Herrn Medecke abgeschlossen“, sagt die Bezirkschefin.

Doch in den vergangenen Monaten sei der Platz von anderen Bauwagen bevölkert worden. „Wir haben mehrfach davor gewarnt: ,Paßt auf, der Platz läuft voll'“, gibt Nümann-Seidewinkel zu bedenken, „ich bin ziemlich sauer.“ Einen Alternativplatz sieht sie derzeit nicht. „Warum gehen die nicht zum Parciusweg und sagen: ,Rückt mal ein bißchen zusammen.'“

Für die „Henriette“-BewohnerInnen stellt sich der Sachverhalt etwas anders dar. Den Vorwurf, auf Zeit zu spielen, weisen die Bauis zurück. Und auch zur Belegung des Parciuswegs haben sie eine andere Version: Der Platz sei ihnen damals „unter der Hand“ zugesagt und dann von der Behörde wieder genommen worden. Sie erhoffen sich von dem Gespräch, Nümann-Seidewinkel politisch in die Pflicht nehmen und doch noch einen Alternativplatz entlocken zu können. „Die Bezirksamtsleiterin muß endlich eine klare Position beziehen, daß es auch in Eimsbüttel Bauwagen gibt und nicht nur in Altona“, sagt eine Bewohnerin.

Das Wort „Räumung“ stößt in der „Henriette“ auf Unmut. „Räumung hat immer etwas mit Gewalt zu tun. Das widerstrebt unserer Lebensauffassung.“ Es sei von Anfang an klar gewesen, daß der Platz verlassen werde, wenn an der Waterloostraße gebaut werden soll. Vorausgesetzt es gibt einen Alternativplatz, und es findet keine „Entsozialisierung“ statt. Im Klartext: Das Grundstück liegt im Kern Hamburgs, und alle 13 BewohnerInnen können weiter in einer Gemeinschaft leben. „Am liebsten wäre uns ein Platz mit Strom- und Wasseranschluß. Aber da weigert sich ja die Behörde, weil das etwas von Legalisierung hat.“ Bislang sind die „Henriette“-BewohnerInnen auf Solarenergie und die Hilfe der „netten Nachbarn“ angewiesen. „Da können wir auch duschen“, erzählt eine Bewohnerin.

Im Zusammenhang mit der Diskussion um das Leben in Bauwagen wehren sich die „Henriette“-Leute, ständig als „soziale Randgruppe“ bezeichnet zu werden. Im Bauwagen zu wohnen sei eine Lebensform, ebenso wie von Wohngemeinschaft zu Wohngemeinschaft zu ziehen. „Ich bin stolz auf mein Eigenheim – klein, aber fein.“ Der Appell an Nümann-Seidewinkel: „Gerade als Sozialdemokratin sollte die Bezirksamtsleiterin sozial und demokratisch handeln.“