: Fregatten auf der Kippe
■ Bonner Haushaltssperre gefährdet Werften-Aufträge für Kriegsschiffe / CDU lobt Scherfs Einsatz für Marine
Der Vulkan hat nicht nur Ärger mit der Staatsanwaltschaft (siehe Seite 7). Der Schreck fuhr den Schiffbauern in die Glieder, als des Bundes oberster Kassenwart Theo Waigel seine Haushaltssperre verkündete. Werden die saftigen Beschaffungsaufträge der Bundesmarine nun erstmal ausbleiben?
Konkret geht es um drei Fregatten der Baureihe 124 im Wert von mehr als drei Milliarden Mark, die das Verteidigungsministerium beim Vulkan in Bremen-Vegesack, Blohm & Voss in Hamburg, der Kieler HDW und den Thyssen Nordseewerken in Emden bestellt hat. Baubeginn soll 1998 sein, Stapellauf 2002. „Wir gehen davon aus, daß die Fregatten beschafft werden“, so ein Sprecher der Hardthöhe.
So sicher wollte man bei Blohm & Voss, dem Führer der Arbeitsgemeinschaft der Werften, nicht sein. Im Moment gäbe es noch kein entsprechendes Signal aus Bonn, hieß es in Hamburg. Schon im Haushalt 1996 sind 200 Millionen Mark für die Konstruktionsphase und Bauvorbereitung der Kriegsschiffe vorgesehen. Anfang April entscheidet nun der Bewilligungsausschuß des Bundestages, ob dieses Geld freigegeben wird.
Bis dahin ist ein buntgemischter Chor zu vernehmen, der mit den verschiedensten Motiven den warmen Regen aus dem Staatssäckel auf die Werften herabfleht: Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD), früher als Gegner von Rüstungsaufträgen bekannt, plädierte dafür, einen Vulkan-Verbund um STN Atlas Elektronik und den Marineschiffbau zu konstruieren. CDU-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer lobte Scherf für diese Haltung und betonte, wie sehr die Werften die Aufträge der Militärs bräuchten.
Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) will dasselbe, wenn auch aus anderen Gründen. Die deutsche Marine sei nicht mehr handlungsfähig, wenn nicht die 40 Jahre alten Zerstörer durch die neuen Fregatten ersetzt würden.
Während der Vulkan um neue Rüstungsaufträge bangt, schlagen die letzten Vulkan-Fregatten noch Wellen: Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat gerade die seit 1994 laufenden Ermittlungen wegen Vorteilsgewährung gegen Werner Schwarz, Geschäftsführer der Vulkan-Werft, abgeschlossen. Schwarz und ein Mitarbeiter der Neue Jade Werft in Wilhelmshaven sollen sich mit 40.000 Mark Schmiergeld die Gunst eines hohen Beamten im Koblenzer Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung erkauft haben. Noch ist nach Auskunft der Staatsanwaltschaft nicht geklärt, ob Anklage erhoben wird. Zunächst werden die Ergebnisse den Beschuldigten bekanntgegeben. Beim Vulkan herrscht zu den Vorwürfen eisiges Schweigen.
Ironie des Schicksals: Just jene Fregatte, die „Mecklenburg-Vorpommern“, die Schwarz möglicherweise per Schmiergeld nach Vegesack geholt hatte, war im Januar fast fertig umgestürzt und hatte ein verwüstetes Trockendock hinterlassen.
Unterdessen hat beim Vulkan offenbar das große „Schmutzige-Wäsche-Waschen“ begonnen. Nur mit den Rachefeldzügen von ehemaligen oder aktiven Mitarbeitern können sich Insider erklären, warum die Kunde von den ominösen 500.000 Mark aus der angeblichen „Schwarzgeldkasse“, die schon Ende Februar aufgetaucht waren, erst jetzt nach außen gelangte.
Nach Vergleichsverwalter Wellensiek dementierte auch Wolfgang Bernicker, Chef der Vulkan-Marineschiffbau, die Existenz von Schwarzgeldkassen: Alles sei ordnungsgemäß verbucht, versichert Bernicker, „wie das in vernünftig geführten Unternehmen nicht anders sein kann“. jof
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