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Historisches Hoch bei Bayer

Der Bayer-Konzern hat den höchsten Umsatz seiner Geschichte eingefahren. Damit es nächstes Jahr noch mehr wird, drängen die Bayer-Manager weiter ins Ausland  ■ Von Ulrike Fokken

Im Jahr der Rekordarbeitslosigkeit machte die Bayer AG Rekordgewinne. Der Konzern entließ 3.800 MitarbeiterInnen und fuhr 44,6 Milliarden Mark Umsatz ein. Der Gewinn vor Steuern ist um 27 Prozent auf 4,2 Milliarden Mark gestiegen. Vorstandschef Manfred Schneider hat damit 1995 „das bisher beste Ergebnis in der Geschichte des Bayer-Konzerns“ erzielt. 2,4 Milliarden Mark Gewinn bleiben den Managern in den Kassen.

Allein in Europa erwirtschaftete Bayer mit Chemie und Pharma über die Hälfte seines Umsatzes. Kauften die EuropäerInnen aber lediglich sechs Prozent mehr Aspirin für den Kopf oder Pyrethroide gegen Motten, legten die AmerikanerInnen kräftig zu. Neun Prozent mehr Produkte setzte Bayer in Nordamerika ab. Der starke Rückgang des Dollars im vergangenen Jahr schmälerte den Ertrag jedoch um drei Prozent.

In Japan war Bayer in jüngster Zeit in Verruf geraten, da das Unternehmen dort HIV-verseuchte Gerinnungsmittel für Blutkonserven vertrieben hatte. Wie berichtet, verlangen die japanischen Gerichte 630.000 Mark Entschädigung für jedes Opfer. Über 100 Millionen Mark werde dies den Konzern kosten, sagte Schneider. Versicherungen sollen diesen Betrag abdecken. Trotz seines ramponierten Images in Japan will Bayer in Asien investieren und Firmen zukaufen, vor allem in Thailand, China und Indonesien. In den „Märkten der Zukunft“ sieht der Vorstandschef die größten Wachstumspotentiale. Schon jetzt macht Bayer lediglich 20 Prozent seines Umsatzes in Deutschland, produziert aber noch 40 Prozent der Chemikalien, Kunststoffe und Arzneimittel im Land.

Bayer macht traditionell seinen Hauptumsatz mit chemischen Produkten und weniger mit dem Wachstumssegment Pharma. In der stark konjunkturabhängigen Chemiesparte erzielte Bayer jedoch nur eine magere Rendite von 6,1 Prozent. Immerhin steht der Leverkusener Konzern mit Chemie weltweit auf PLatz vier. Nachdem vor zwei Wochen die Schweizer Ciba und Sandoz zum Giganten Novartis verschmolzen sind, wird es für Bayer höchste Zeit aufzuholen.

Schon im vergangenen Jahr hatten die Bayer-Manager begonnen, den Konzern zu straffen und Pharma-Unternehmen hinzuzukaufen. Da mit rezeptfreien Produkten im Moment gute Gewinne zu erzielen sind, erwarben sie in den USA das Selbstmedikationsgeschäft von Sterling-Winthrop. Unterdessen plant die „Koordination gegen Bayer-Gefahren“ ihre Aktionen bei der Aktionärshauptversammlung im April. Erstmals haben die kritischen Aktionäre Aktien im Nominalwert über eine Million Mark zusammen. Damit können sie laut Aktienrecht einen eigenen Tagungsordnungspunkt auf die Liste setzen lassen.

Philipp Mimkes, Geschäftsführer der Bayer-Koordination, fordert eine Satzungsänderung. So soll unter anderem Bayer alle Aktivitäten der I. G. Farbenindustrie AG anerkennen. Den ehemaligen ZwangsarbeiterInnen und Häftlingen soll Bayer eine lebenslange Rente von 4.000 Mark monatlich zahlen.

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