Asien-Europa-Gipfel

■ betr.: „Innovation als Wettbewerb (Memorandum von Jürgen Schrempp, Gerhard Schröder und Sigmar Mosdorf), taz vom 28. 2. 96

Das Memorandum macht drei Dinge deutlich: Die Wettbewerbsbedingungen der deutschen Wirtschaft auf den in- und ausländischen Märkten wird immer stärker durch die Globalisierung der Märkte bestimmt. Jede signifikante Veränderung oder Weiterentwicklung technologischer, betriebswirtschaftlicher, ja selbst gesellschaftspolitischer Art, berührt somit die deutsche Wirtschaft und damit auch Arbeitsplätze in Deutschland. Richtig ist auch der Hinweis auf die globale Bedeutung der Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Unter Innovationsfähigkeit darf dabei nicht nur der technologische Bereich gesehen werden, sondern auch die Möglichkeiten, Organisationsformen schnell umzusetzen und Produktionsbedingungen variabel zu gestalten. Hinter den oft verwendeten Begriffen „Deregulierung“ und „Flexibilisierung“ verbirgt sich eine Vielzahl von Rahmenbedingungen, die über die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, der Arbeitszeit, der Tarifgestaltung bis hin zu Genehmigungsverfahren reichen und die genau das Thema Innovationsfähigkeit treffen. Die Forderung des Memorandums, etablierte Denkweisen in Frage zu stellen, ist ebenfalls grundsätzlich richtig. Allerdings ist vieles, was heute an Asien überschwenglich gelobt wird, genau das, was sich mit den häufig geschmähten deutschen Tugenden, wie Fleiß und Disziplin, umschreiben läßt.

Hier noch einige kritische Anmerkungen: Dem Memorandum kann nicht zugestimmt werden, soweit es eine „Selbstbeschränkung der gesellschaftlichen Debatte in Deutschland“ im Hinblick auf die globalen Bezüge der Wirtschaft konstatiert. Von seiten der Regierungskoalition wird die Standortdebatte auch unter dem Blickwinkel der Globalisierung seit vielen Jahren angeführt. In der Bevölkerung ist inzwischen auch eine breite Zustimmung für notwendige Einsparungs- und Veränderungsmaßnahmen vorhanden. Die Bürger wissen, daß sich etwas ändern muß, und vielfach sind es nur die berufsmäßigen Interessenvertreter, die immer noch althergebrachte Grabenkämpfe ausfechten. Umfragen zeigen, daß die Bürger in Deutschland die Herausforderung der Globalisierung begriffen haben und zur Bewältigung dieser Herausforderungen auch zu gewissen Einschränkungen bereit sind.

Ein wesentliches Problem sind sicher die hohen Lohn- und Lohnzusatzkosten in Deutschland. Wenn das Memorandum davon spricht, ganze Industriezweige hätten „das Massengeschäft anderen überlassen“, so ist gerade dies eine Konsequenz hoher Produktions- und Arbeitskosten und durchaus nicht eine in die Beliebigkeit des Wirtschaftsmanagements gestellte Entwicklung.

Auch die Kritik an der „eurozentrierten Genügsamkeit“ der Deutschen muß relativiert werden. Das Engagement der deutschen Wirtschaft in Europa und das Ergreifen der Chancen, die der europäische Binnenmarkt eröffnet hat, ist eine richtige Entscheidung. Weltweites Engagement ist wichtig und notwendig. Allerdings wäre es falsch, den Heimatmarkt, zu dem inzwischen die gesamte Europäische Union zu zählen ist, zu vernachlässigen.

Abschließend noch ein Wort zu einer Aussage des Memorandums, die zumindest Anlaß zu Mißverständnissen gibt: „Der traditionelle Verdrängungswettbewerb muß durch einen von qualitativem Wachstum und nachhaltiger Entwicklung geförderten Innovationswettbewerb ersetzt werden.“ Klingt gut! Aber was ist damit gemeint? Wettbewerb ist die Triebfeder der Innovation und funktioniert nur auf eine einzige Weise, nämlich dadurch, daß der Beste seine Marktposition hält oder ausbaut, der Schlechtere zurückgedrängt wird. Von einer „Friede, Freude, Eierkuchen-“Innovationspolitik, die den Wettbewerb für nebensächlich erklärt, vielleicht auch noch gefördert mit Milliardensubventionen aus Steuermitteln, mögen Industriepoltiker und Wirtschaftslenker träumen, aber sie ist nicht der Weg zur Erhöhung der deutschen und europäischen Wettbewerbsfähigkeit. Michael Glos, MdB, Vorsitzen-

der der CSU-Landesgruppe

Die Veröffentlichung dieses Memorandums, in dem wesentliche Konsequenzen der Globalisierung auf unser hiesiges Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialsystem in Ihrem Blatt aufgezeigt werden, ist sehr verdienstvoll. Alexander Barthel,

Bundesvereinigung der Deut-

schen Arbeitgeberverbände