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Wolfgang Fritz Haug wird heute 60

Wenn der Marxismus mit dem Untergang des Imperiums seinen Sitz im Leben verliert, was bleibt dann dem Marxisten? Wolfgang Fritz Haug, der Verleger und Philosoph, der Generationen von Studenten in seinen legendären Kapital-Schulungen auf Linie brachte, verlegt sich aufs Enzyklopädische: Seit Jahren gilt sein Engagement dem „Historisch-Kritischen Wörterbuch des Marxismus“, ein Unternehmen, das man unter den gegebenen politischen Umständen für eine gigantische Donquichotterie halten möchte, was ihm auch eine gewisse Würde verleiht.

Den originellsten Beitrag zur marxistischen Theoriebildung hat Haug in seiner „Kritik der Warenästhetik“ (1971) geleistet, einem Beitrag zur „Sozioanalyse des Schicksals der Sinnlichkeit und der Entwicklung der Bedürfnisse im Kapitalismus“. Hier wurde die zeitgenössische Werbung in bislang nicht gekannter Detailschärfe analysiert. Haug beobachtete die Sexualisierung des männlichen Körpers im Interesse des internationalen Unterwäschekapitals in der Unterhosenwerbung: „Auftritt des Penis auf der Warenbühne“: „Im übrigen haben diese Hosen keinen Schlitz zum Wasserlassen. Das zeigt, sie sind nicht praktisch als Unterwäsche, sondern allenfalls als Kostüm zur Exhibition.“ Solche Gebrauchswert-/Tauschwertrhetorik mag heute unfreiwillig komisch klingen, damals war sie ein Augenöffner. Profitiert hat nicht zuletzt die Werbung, die angesichts solcher Kritik selbstreflexiv wurde.

Haug hat aber auch als Verleger die Debatten der 60er und 70er Jahre geprägt: mit der von ihm begründeten Zeitschrift „Argument“, die aus Flugblättern der Anti-Atom- Bewegung entstand. Daß er den Untergang des Sowjetkommunismus lange nicht zur Kenntnis nehmen wollte und zuletzt noch versuchte, Gorbatschow den „Zusammenhang seiner Gedanken“ (Buchtitel) zu erklären, hat ihn viel intellektuellen Kredit gekostet. Heute wird Wolfgang Fritz Haug 60 Jahre alt. Many happy returns! Foto: Wolfgang Borrs

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