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Waigels Verschlimmbesserung

■ Eine Änderung an der Ausländersteuer erschwert es Newcomer–Bands hier aufzutreten

Knapp drei Monate sind vergangen, seit Bundesfinanzminister Theo Waigel dem „öffentlichen Klagen über eine zu niedrige Besteuerung deutscher Künstler, Sportler und Fernsehmoderatoren mit Wohnsitz im Ausland“ nachgab. Zum 1. Januar 1996 wurde durch das neue Jahressteuergesetz auch die Ausländersteuer erhöht. Der Pauschalsteuersatz für im Ausland wohnende, aber in Deutschland auftretende Künstler stieg von 15 auf 28,76 Prozent.

Auf diese Weise sollten eigentlich steuerflüchtige Großverdiener wie TV-Plaudertasche Margarete Schreinemakers strapaziert werden. Doch plötzlich sahen sich auch die deutschen Konzertveranstalter mit unerwarteten Problemen konfrontiert. Nach Konzertabsagen von Bad Company, Kansas und Chris de Burgh sowie Boykotterklärungen englischer Musiker befürchtete man in der Branche, der hohe Steuersatz könne die Rockszene dazu veranlassen, Deutschland zukünftig zu meiden.

Konzertveranstalter Reiner Hensel etwa kritisiert, daß die neue Regelung vor allem Newcomern das Wasser abgrabe. Denn vor dem Ausländersteuergesetz sind alle gleich – egal ob es sich um finanzielle Schwergewichte oder um eine unbekannte Indie-Band handelt, für die es auf einer Deutschland-Tour außer ein paar neuen Fans nichts zu verdienen gibt.

Ohnehin nimmt die deutsche Ausländersteuer in Europa eine Sonderstellung ein, da sie ohne Rücksicht auf Verluste zur Kasse bittet. Der Steuersatz von 28,76 Prozent wird auf die gesamten Einnahmen erhoben, egal, ob der Künstler Gewinn macht oder nicht. In anderen europäischen Ländern werden die Produktionskosten steuermindernd berücksichtigt, weshalb unter dem Strich nur noch 4 bis 7 Prozent des Gesamtumsatzes abgeführt werden müssen.

Nach dem Proteststurm seitens deutscher Konzertveranstalter rang sich das Bonner Finanzministerium ein erstes Zugeständnis ab: Ab dem 1. Januar 1997 soll das Einkommenssteuergesetz für Ausländer geändert werden. Demnach sollen diese nach Ende einer Tour eine Gewinnermittlung durchführen und so einen Teil der Steuern zurückerhalten können.

Der Bielefelder Steuerberater Harald Grahms, zu dessen Klientel auch zahlreiche Rockstars gehören, sieht jedoch auch in dieser Regelung eine Benachteiligung kleinerer Bands. Diese könnten es sich in den seltensten Fällen leisten, die Kosten einer Tour vorzufinanzieren und dann womöglich zwei Jahre zu warten, bis deutsche Finanzämter den Überschuß ermittelt und zurückerstattet haben. „Wer weiß, ob die Band dann überhaupt noch existiert“, so Grahms. Gerechter sei eine Einrichtung wie die englische „Foreign Entertainers Unit“ in Birmingham. Dort wird auf Grund einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung Künstlern mit wenig Aussicht auf Gewinn eine finanzielle Entlastung gegeben.

Die Hamburger Clubszene reagiert eher abwartend auf die veränderte Situation. Noch seien keine weitreichenden Auswirkungen spürbar, so Dirk Matzke, Booker von Knust und Logo. Ebenso äußerte sich Raj Sen Gupta von Karsten Jahnke: „Es kann allerdings sein, daß wir die Mehrbelastung bis circa 10 Prozent an die Kasse weitergeben müssen.“ Und Henry von Fintel vom Konzertveranstalter Blindfish Promotions ist der Meinung, daß es trotzdem Mittel und Wege gäbe, auch für kleine Bands zufriedenstellende Deals auszuhandeln. Konzertabsagen erwartet auch er nicht: „Die ausländischen Bands wissen doch, daß es in Deutschland noch Geld zu verdienen gibt – die werden auch weiterhin kommen.“

Björn Ahrens

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