piwik no script img

Das PortraitNürnbergs Käddala

■ Käte Strobel

Käte Strobel, die große alte Dame der SPD, ist tot Foto: AP

„Ich wollte Einfluß nehmen im Sinne einer sozialdemokratischen Gesinnung.“ Mit diesem Wahlspruch trat Käte Strobel vor siebzig Jahren in die SPD ein. Während ihrer steilen Karriere bis zur Bundesgesundheitsministerin verlor sie nie ihre Hauptziele aus den Augen: mehr Chancengleichheit für die Frauen und soziale Gerechtigkeit. Jetzt ist die große alte Dame der Nürnberger Sozialdemokratie im Alter von 88 Jahren gestorben.

Käte Strobel, in Nürnberg nur „Käddala“ genannt, wuchs als viertes von sechs Kindern in der Arbeitersiedlung Gartenstadt auf. Ihr Vater war Schuhmacher und aktiver Gewerkschafter. Sie machte eine kaufmännische Lehre und trat 1925 als Achtzehnjährige der SPD bei. Ihre beiden Kinder mußte sie während der Nazi- Herrschaft allein durchbringen. Ihr Mann war bereits im Frühjahr 1934 als Kopf einer Widerstandsgruppe verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau deportiert worden.

Ihre Herkunft und die Hindernisse, die ihr als Frau ständig in den Weg gelegt wurden, sowie der schwere Kriegsalltag prägten Käte Strobel. „Politik ist eine viel zu ernste Sache, um sie allein den Männern zu überlassen“, war ihre Devise. Schon kurz nach Kriegsende baute sie die Fränkische Frauenarbeit in der SPD auf. 1949 zog sie in den Bundestag ein, dann ins Europäische Parlament. In der Großen Koalition 1966 wurde sie Gesundheitsministerin. Im ersten Kabinett Willy Brandts kam das Ressort Jugend und Familie dazu.

Strobel schob Dinge an, über die sich die Konservativen schwarz ärgerten. So startete sie beispielsweise die Sexualaufklärungskampagne mit dem Film „Helga“ und dem umstrittenen „Sexualkundeatlas“.

1972 verabschiedete sie sich aus der großen Politik. „Ich habe das gemacht, solange die Leute bei meinem Abschied noch sagen: Das ist aber schade.“

In Nürnberg wirkte sie noch sechs Jahre im Stadtrat. Dabei setzte sie sich besonders für die Jungsozialisten ein, die mit dem Slogan „Ich gehe meilenweit für den Sozialismus“ in den Stadtrat eingezogen waren.

Einer davon hatte es ihr besonders angetan: Peter Schönlein. Ihr Ziehsohn brachte es 1987 zum Oberbürgermeister. Besonders schmerzlich für Käte Strobel war deshalb die sensationelle Abwahl Schönleins am letzten Sonntag. Zwei Tage später erlag sie ihrem Krebsleiden. Bernd Siegler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen