: Gewerkschaften stolpern zur Fusion
■ Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes unterschreiben Kooperationsvereinbarung mit Berlin und Brandenburg. Fusionsbedingte Kündigungen werden ausgeschlossen. Lohnangleichung versprochen
Eine Hürde auf dem Weg der Fusion ist genommen: Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und die Regierungen von Berlin und Brandenburg unterzeichneten gestern eine Kooperationsvereinbarung, die die Zusammenführung beider Landesverwaltungen im Falle einer Fusion regelt. Zentrale Aussage des siebenseitigen Papiers, das unter anderem vom Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Brandenburgs Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) unterzeichnet wurde: Betriebsbedingte Kündigungen, Herabgruppierungen und Verringerungen der Arbeitszeit im Zusammenhang mit der Fusion werden „ausgeschlossen“ – im Staatsvertrag zur Fusion ist lediglich von einem „Verzicht“ die Rede.
In einer Protokollnotiz wurde zudem vereinbart, auch nicht fusionsbedingte Kündigungen zu „vermeiden“. Sollte diese dennoch unausweichlich sein, verpflichten sich beide Regierungen, „unverzüglich“ über „sozialverträgliche Regelungen“ mit den Gewerkschaften zu verhandeln. Die Reduzierung des Personalapparats solle „grundsätzlich“ durch Nichtbesetzung freigewordener Stellen erfolgen. Beide Seiten vereinbarten, hierzu möglichst bald über Vorruhestands-, Altersteilzeit- und Abfindungsregelungen zu sprechen.
Zugesichert wird den Brandenburger Bediensteten Lohngleichheit ab dem Fusionszeitpunkt. „Zusätzliche“ Zahlungen sollen ihr Einkommen auf hundert Prozent des Westgehalts anheben. Das West-Tarifrecht, das kürzere Wochenarbeitszeiten und besseren Kündigungsschutz enthält, steht allerdings noch in den Sternen. Es werde in Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände angestrebt.
Abgesichert wird die Fusion für die Arbeitnehmer durch einen geplanten Vereinigungspersonalrat. Neben einer gemeinsamen Stellenbörse soll es auch eine gesonderte Einrichtung für das Land Berlin geben. Die bei der Innenverwaltung angesiedelte Stellenbörse soll unklare Fälle lösen. Allgemein wird den Berliner Beschäftigten versprochen, daß ihre „Wunsch“ bei künftigen Zuweisungen eines Arbeitsplatzes, ob nun Magistrats- oder Landesverwaltung, berücksichtigt werden sollen.
Nur zum Teil durchsetzen konnten sich die Gewerkschaften mit ihrer Forderung, fünf Prozent der Plätze im öffentlichen Dienst für Auszubildende freizuhalten. Dies werde nun, so heißt es in einer Protokollnotiz, „angestrebt“. Auch die Ziele der Frauenförderung und der Integration von Ausländern und Behinderten wurde in eine weiche Formulierung verpackt: Sie seien „zu beachten“.
Abgelehnt wurden von den Gewerkschaften die Forderung der Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD), in das Abkommen eine Verpflichtung für eine Pro-Fusions-Werbung hineinzuschreiben. Die Berliner Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr kündigte an, weder ein Ja noch ein Nein ihren 130.000 Mitgliedern zu empfehlen. Und der amtierende Vorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP, Eberhard Schönberg, meinte: „Unsere Mitglieder sind intelligent genug, selber zu entscheiden. Wir sind doch keine Staatsgewerkschaft.“ Severin Weiland
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