: Unterm Strich
Bescheidene Rekorde aus Leipzig, das wieder „ganz im Zeichen des Buches“ (dpa) steht, weil dortselbst seit Mittwoch die diesjährige Buchmesse „ihre Pforten geöffnet“ (dpa) hat: Die Zahl deutschsprachiger Verlage ist von 803 auf 944 gestiegen, viele, so Messechefin Cornelia Wohlfahrt, hätten „deutlich größere Stände“, und alles würde ein bissel mehr hermachen. Gerhard Kurtze vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels fand schwer diplomatische Worte: Leipzig sei „die große nationale Bücherschau, die wir uns neben der Herbstmesse in Frankfurt immer gewünscht haben“. Der Rest scheint das branchenübliche Defilé der Autoren zu sein: Grass, Maron, Konsalik, Hilbig, Hochhuth, Krug mit seinem DDR-Abhau-Tagebuch, Rushdie, auch Andrzej Szcypiorski und andere polnische Schriftsteller, die den Länderschwerpunkt zu tragen haben. Stolz ist man in Leipzig, daß neuesten Umfragen zufolge Thüringen und Sachsen mit 59 Prozent den höchsten Anteil an Buchkäufern aufzuweisen hat. Am wenigsten liest man in Hessen, in Rheinland-Pfalz und im Saarland.
Während Berlin schwerpunktmäßig mit dem Schicksal Harald Juhnkes beschäftigt ist (diesmal kein Alkohol – „Virus!“ Kann ja jeder sagen!), geht in Köln die Schulpflicht- Diskussion rund um die Kelly Family weiter. Muß Angelo (14) „die Schulbank drücken“ (dpa)? Oder gilt, was wütende Fans auf Transparenten im Kölner Hafen, wo das Kelly-Hausboot vor Anker liegt, hochhalten: „Ein Kelly muß frei sein wie der Wind, sonst ist es kein Kelly-Kind“? Kölns Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes ist bereits zum Teenager-Haßobjekt No. 1 aufgestiegen, die Bürokratie droht zusammenzubrechen, Anarchie steht vor den Pforten. Mehrere Kölner Behörden befassen sich mittlerweile ganztägig und generalstabsmäßig mit komplizierten Schulrechtsangelegenheiten in Sachen Kelly, wobei erschwerend hinzukommt, daß sechs der 43 Kelly- Kinder – allerdings nicht besagter „Angelo“! – polizeilich in einem Wohnwagen in Kelbra (Sachsen-Anhalt) gemeldet sind. Da soll noch einer durchblicken ... Aber wir bleiben dran!
Udo Lindenberg hat am Dienstag abend seine erste Ausstellung mit eigenen Zeichnungen im Hamburger Erotic Art Museum eröffnet, Titel: „Arschgesichter und andere Gezeichnete“. Wir bleiben dran!
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