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Sierra Leones Militärs geben die Macht ab

■ Mit dem neuen Präsidenten wächst die Hoffnung auf ein Ende des Bürgerkrieges

Berlin (taz) – Im westafrikanischen Sierra Leone sind gestern vier Jahre Militärherrschaft zu Ende gegangen. Der bisherige Staatschef, Brigadier Julius Maada Bio, übergab die Macht an den Juristen Ahmed Tejan Kabbah. Kabbah, ein Muslim mit Regierungserfahrung in früheren zivilen Administrationen, war vor zehn Tagen als Sieger aus den Präsidentschaftswahlen hervorgegangen. Die Machtübergabe verlief problemlos – die Militärs haben sich für alle Untaten während ihrer Herrschaft amnestiert, und ihre Führer, die einen Großteil der Einnahmen aus dem Diamantenexport Sierra Leones beiseite geschafft haben, verlassen die Regierung als wohlhabende Männer. Mit der Rückkehr zur zivilen Herrschaft steigen die Hoffnungen, daß der seit fünf Jahren währende Bürgerkrieg zwischen der Armee und der Rebellenorganisation „Vereinigte Revolutionäre Front“ (RUF) rasch beendet werden kann.

Die RUF, die sich mit der Armee vor allem um die Kontrolle der Diamantenfördergebiete im Südosten streitet und viele von Korruption und Verarmung enttäuschte Landbewohner auf ihre Seite gezogen hat, erklärte bereits nach Kabbahs Wahlsieg einen vorläufigen Waffenstillstand. Seit Dienstag verhandelt RUF-Führer Foday Sankoh direkt mit Sierra Leones bisherigem Präsidenten Bio in der Hauptstadt der Elfenbeinküste, Abidjan. Bios Nachfolger Kabbah hat bereits zugesagt, die Gespräche weiterzuführen.

Der Bürgerkrieg hat mindestens 10.000 Menschenleben gefordert und gut die Hälfte der vier Millionen Bewohner Sierra Leones zu Flüchtlingen gemacht. Riesige Slums voller geflohener Landbewohner, die vor Rebellenangriffen und vor Zwangsrekrutierung und Plünderung durch die Armee ihre Dörfer verlassen haben, umringen die Hauptstadt Freetown. Ihre Bewohner sind die sicherste Stütze der neuen Regierung. Bei den Gesprächen in Elfenbeinküste geht es zunächst um die Zukunft der RUF-Kämpfer nach einem Ende des Krieges. Allerdings zeigt die RUF, die erfolglos versucht hatte, eine Rückkehr zur zivilen Herrschaft zu verhindern, Anzeichen großer Nervosität. Während der Wahlen griffen RUF-Kommandos, die offensichtlich den Wahlgang als Besiegelung ihrer Niederlage begriffen, in mehreren Dörfern die Wähler an und hackten ihnen als Strafe für die Stimmabgabe die Hände ab. Und in den letzten Tagen ist es mehrfach zu Auseinandersetzungen zwischen RUF-Kämpfern und zivilen Vermittlern gekommen. Dominic Johnson

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