piwik no script img

Wagenburg unter Beschuß

■ Tödlicher Streit an East-Side-Gallery. Hapel (CDU) fordert Räumung. Innenverwaltung sieht keine Handhabe

Wegen zwei schwerer Verbrechen in der Wagenburg zwischen Spreeufer und East-Side-Gallery hat der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Dieter Hapel, die sofortige Räumung des Platzes gefordert. Am vergangenen Samstag war dort ein 19jähriger Mann erstochen worden. Nach Erkenntnissen der Mordkommission wollte er auf dem Platz Drogen kaufen. Drei Tage später wurde ein 18jähriger Tourist mit einer glühenden Eisenstange angegriffen.

Seit Jahren versucht der Senat, die innerstädtischen Wagenburgen loszuwerden. Die komplette Umsiedlung scheiterte bisher nicht nur am Widerstand der Rollheimer, sondern auch an der Weigerung der Bezirke, Ersatzflächen bereitzustellen. So sieht Innenstaatssekretär Kuno Böse (CDU) derzeit keine Handhabe für eine Räumung. Das zum ehemaligen Mauerstreifen gehörende Gelände an der East-Side-Gallery untersteht derzeit dem Bundesvermögensamt. Mehrere Alteigentümer haben Rückübertragungsansprüche angemeldet. Bis zum für 1997 vorgesehenen Baubeginn des auf dem Gelände geplanten Spreeparkzentrums wollte der Bezirk Friedrichshain die etwa 200 Platzbewohner dulden. Bezirksbürgermeister Helios Mendiburu (SPD) fordert nun eine stärkere Betreuung durch Streetworker.

Während es mit den anderen Wagenburgen kaum Probleme gibt, wird die Siedlung hinter den buntbemalten Resten der Berliner Mauer vom Bundesgrenzschutz „als erhebliches Problem für die Sicherheit und Ordnung am gegenüberliegenden Hauptbahnhof“ dargestellt. 50 Prozent der Straftaten im Hauptbahnhof stünden im Zusammenhang mit der Wagenburg. Oft würde im dortigen Supermarkt Futter für die zahlreichen Hunde gestohlen. Hinzu kämen aggressives Betteln, Anpöbeleien, Verunreinigungen und Sachbeschädigungen. Straftäter, die auf den unübersichtlichen Platz fliehen, seien dort kaum zu verfolgen, da geringe Polizeikräfte angegriffen würden. Innenstaatssekretär Böse meint jedoch, die Beamten hätten die Situation stets im Griff.

In der Nacht zu Freitag stellte die Polizei bei einer Durchsuchungsaktion auf dem Wagenburggelände Rauschgift sicher. Sechs Personen wurden wegen Drogenbesitzes festgenommen. Zwei von ihnen waren Soldaten der Bundeswehr, sie wurden an Feldjäger übergeben. ga

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen