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Immer öfter auf die letzte Minute

■ Die Nachfrage nach unverkauften Plätzen steigt. Last Minute – ein Markt nicht unbegrenzter Wachstumschancen

„Last Minute“ suggeriert Unabhängigkeit und die Freiheit, in ein bis zwei Wochen eine Destination aussuchen zu können. Für die meisten ist Entscheidungskriterium Nummer eins, daß der Urlaub um etliches weniger kostet als im danebenliegenden Reisekatalog. Der finanzielle Vorteil überzeugt zunehmend mehr KundInnen. Nach Erhebungen der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen in Deutschland gehören überwiegend die 20- bis 39jährigen, Ledige, Selbständige und FreiberuflerInnen zu den SpontanbucherInnen.

Ein Wachstumsmarkt? „Da ist schon Musik drin“, bewertet Armin Vielhaber vom deutschen Studienkreis für Tourismus und Entwicklung steigende Chancen für die kurzfristige und preisreduzierte Restplatzverwertung durch Last-Minute-Angebote. Wegen des härter werdenden Kampfs um Marktanteile zwischen Veranstaltern und Fluggesellschaften werden höhere Kapazitäten eingeplant als später abgesetzt werden können. Armin Vielhaber dazu: „Wenn jeder glaubt, er macht Punkte, kann das nicht funktionieren.“

Die KonsumentInnen werden durch die zunehmende Reiseerfahrung zwar risikofreudiger, doch das läßt keine Rückschlüsse auf den Last-Minute-Markt zu, denn es ist schwer vorauszusagen, welche Rolle das Einkommen der KonsumentInnen spielt. Zu einer grenzenlosen Ausweitung dieses Marktes wird es sicherlich nicht kommen. Die Ausweitung des Geschäftes bedeutet auch die Reduzierung des Ertrages. Es müsse so kalkuliert werden, daß Restplätze nicht übrigblieben.

Die Reiseanbieter überlegen inzwischen, welche neuen Medien für die Restplatzverwertung einsetzbar sind. Der kurzfristige Abverkauf am heimischen PC würde vor allem junge Leute ansprechen – doch zum Nulltarif werden Zusatzinformationen wie etwa kurze Videofilme über das Reisegebiet nicht erhältlich sein. Und ob über die Technik die „emotionale Seite“ des Reisens vermittelt werden kann, ist zudem fraglich.

Andere Probleme bleiben nicht aus: Bei einigen Buchungen wurde der finanzielle Last-Minute-Vorteil nicht an die KundInnen weitergegeben. In Deutschland werden darüber bereits Prozesse geführt. Eine Landgerichtsentscheidung zugunsten des führenden Last-Minute-Veranstalters „L'tur“ wird für die gesamte Branche gelten: Voraussetzung ist künftig die vierzehntägige Frist vor Reiseantritt sowie die deutliche Preisreduzierung des Angebots. Carola Brezlanovits

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