Im Namen der Gefahrenabwehr

■ PUA Polizei: Auch in Langenhorn wurde versucht, Polizeizeugen zu mobben Von Silke Mertins

Kronzeuge Uwe Chrobok ist nicht der einzige Polizist gewesen, den prügelnde Kollegen mit Mobbing und Gewaltandrohung zum Schweigen bringen wollten. Gestern abend beschäftigte sich der Parlamentarische Untersuchungsausschuß (PUA) Polizei mit der szenefernen Wache 34 in Langenhorn. „Ich habe wieder einen Ausländer aufgemischt“, soll sich ein polizeilicher Schläger, der Beamte Walter von der sogenannten „A-Schicht“, rassistisch motivierter Mißhandlungen gerühmt haben.

Doch dem ehemaligen „Bünabe“ (Bürgernaher Beamter) Michael Fuchs (49), der dies 1990 der internen Ermittlungsgruppe – damals PS3 – berichtete, wurde Strafvereitelung im Amt angedroht, falls er auf seiner Aussage beharre. „Sie halten lieber das Maul“, hätte der interne Ermittler zu ihm gesagt, so Fuchs. Er würde sonst „seinen Freund, den Staatsanwalt“, anrufen, dann sei Fuchs selbst dran. Anschließend sei er genötigt worden, ein Aussageprotokoll blanko zu unterschreiben.

Auch bei einer Razzia in einem Asylbewerberheim sei es zu Mißhandlungen von Schwarzen gekommen, die Fuchs selbst beobachtete. Das Opfer „hat sich nicht gewehrt, der Beamte hat ihn vor sich hergestoßen und getreten“. Beschwerden der Bürger, so Fuchs, betrafen fast immer A-Schicht und dieselben Beamten. Ohne Konsequenzen. Der Leiter der Polizeidirektion Ost, Klaus Rürup – später wegen des Hamburger Kessels verurteilt –, hatte Fuchs in einem Gespräch seine 19seitigen Notizen abgeschwatzt und Vertraulichkeit zugesagt. „Zwei Tage später ging eine Kopie an die Dienststellen“, berichtet Fuchs.

Und nicht nur das: Auf der Wache wurde über Fuchs das Gerücht verbreitet, er sei schwul. Nachts bewarf man sein Haus mit Eiern, die Reifen seines Autos verloren merkwürdig viel Luft. Fuchs schilderte außerdem, wie auch bei anderen kritischen Kollegen versucht wurde, sie mit Mobbing zum Schweigen zu bringen. Bei den Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Schläger kam nichts heraus; die Polizisten deckten sich gegenseitig, zwei Beamte wurden später versetzt.

Heute wird sich der Untersuchungsausschuß erneut mit dem berühmt-berüchtigten Einsatzzug Mitte befassen. Zwei Tage nach der Haider-Kundgebung und der schweren Mißhandlung des Fernsehjournalisten Oliver Neß im Mai 1994 führte derselbe Einsatzzug eine Razzia im Sternschanzenpark durch – damals, vor der Vertreibungspolitik aus St. Georg, wurde dort lediglich mit Cannabis und Marihuana gehandelt. Festgenommen wurden alle mit schwarzer Hautfarbe, darunter auch der Gambier Tijan Fofana, der heute vom PUA vernommen wird.

Fofana, der beteuert, als gläubiger Moslem nicht einmal Alkohol zu trinken, machte den Vorfall öffentlich. Er wurde mit neun anderen auf die Wache 17 mitgenommen und – obwohl man keine Drogen gefunden hatte – wegen nicht befolgten Platzverweises mehrere Stunden eingesperrt. Die Intervention von Fofanas Ehefrau, eine Bad Oldesloer Journalistin, half nichts. Für Einsatzleiter Dieter Dommel sei klar gewesen, daß man ihren Mann erst einmal ein paar Stunden schmoren lassen würde. Die Ingewahrsamnahmen dienten „der Verunsicherung der Szene – vier bis sechs Stunden sind erlaubt“, sagte Polizeisprecher Werner Jantosch seinerzeit gegenüber der taz.

Der „Kritische Polizist“ Manfred Mahr (GAL) hofft, daß die heutige Aufklärungsarbeit im PUA auch den anderen Fraktionen klar macht, was eine nochmalige Verschärfung des Polizeigesetzes, wie sie Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) derzeit plant, bedeuten wird. Nämlich: polizeilicher Willkür im Namen der Gefahrenabwehr Tür und Tor zu öffnen. Was verharmlosend als rechtliche „Klarstellung“ beschrieben würde, werde in der Realität „ein so dehnbares Gummiband, daß man sich gegen polizeiliche Maßnahmen nicht mehr wehren kann“. Daß mit der Regelung eine Vielzahl von Unbeteiligten aufgegriffen und in Gewahrsam genommen werden können – wie im Fall Fofana –, „ist für uns rechtlich nicht hinnehmbar.“