: Hinterhöfe ab sofort nur noch grau
■ Seit 1983 förderte der Senat die Begrünung von 1.600 Hinterhöfen. Nun wurde das Öko-Programm, bei dem es für wenig Geld viel Grünes zu sehen gab, gestrichen
„Man spürt es sofort. Die Luft ist besser und im Hof gibt es viel mehr Vögel, seitdem die Hauswände mit Efeu bewachsen sind.“ Wolfgang Krüger ist stolz auf seine Hofbegrünung in der Krefelder Straße. 1988 wurden Wände und Dächer dieses Vorder- und Hinterhauses im Bezirk Tiergarten mit Senatsunterstützung von einem Betonplatz mit Mülltonnen zu einer Oase umgebaut. Damals gab es für Hofflächen über 200 Quadratmeter noch 60 Mark Zuschuß pro Quadratmeter und für solche unter 200 Quadratmeter 90 Mark. Damit ist seit 28. März Schluß. Da beschloß das Abgeordnetenhaus, das Hofbegrünungsprogramm zu streichen.
„Neben Fassadenbegrünung mit Wein oder Efeu wurden auch Vorgärten angelegt, Sitzmöglichkeiten geschaffen oder Spielplätze gebaut“, erklärt Katrin Bastian vom Landschaftsplanungsbüro Hortec. 1983 hatte die damalige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz die Firmen Hortec und Impekoven mit Planung, Beratung und Ausführung des Programms beauftragt.
Seitdem sind im Rahmen des Hofbegrünungsprogramms 1.612 Projekte auf einer Fläche von insgesamt 803.000 Quadratmetern – das entspricht der Größe des Schloßparks Charlottenburg – verschönert worden. Dafür stellte der Senat etwa 30 Millionen Mark zur Verfügung. „Allein 1995 wurden insgesamt 2,7 Millionen Mark für 102 Projekte bewilligt“, sagte Anja Semmelbrodt von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie.
Da Aufbau und Pflege von begrünten Fassaden, Hinterhöfen und Gärten nahezu ausschließlich auf Eigenarbeit von Mietern und Eigentümern beruhte, sei das immer auch eine soziale Investition gewesen, meint Landschaftsplanerin Bastian. Der Senat habe lediglich Kosten für Material und Betonabbrucharbeiten übernommen. Damit sei die private Hofbegrünung (50 Mark pro Quadratmeter) wesentlich kostengünstiger als die Herstellung einer öffentlichen Grünanlage (200 bis 300 Mark pro Quadratmeter), heißt es in einer Stellungnahme der Hortec.
Das Hofbegrünungsprogramm habe außerdem das Zusammenleben und -arbeiten von Mietern, die Integration ausländischer Mitbewohner, das Interesse von Kindern und Jugendlichen an Natur und Umwelt und die Identifikation der Bevölkerung in ihrem Wohnumfeld gefördert. Ein weiterer Vorteil sei, daß zum Erhalt von klein- und mittelständischen Betrieben beigetragen wurde. Die Gelder aus dem Hofbegrünungsprogramm seien über Materialkauf und -lieferung im Wirtschaftskreislauf der Stadt Berlin verblieben, meint Hortec.
Insgesamt 60 Anträge für 1996 können infolge des aktuellen Sparbeschlusses nicht mehr bewilligt werden. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) habe sich vorbehalten, das Projekt weiterzufinanzieren, falls sich die Lage des Haushalts verbessere, hofft Bastian. „Andere Gelder stehen nicht zur Verfügung. Wir können nur auf die Wiederaufnahme der staatlichen Förderung hoffen.“ Schon einmal stand 1993 das Programm auf der Abschußliste. Es wurde dann mit der Hälfte der ursprünglichen Fördersumme - etwa drei statt sechs Millionen Mark - bis zum endgültigen Aus weitergeführt. Birgit Guschker, dpa
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