: Die Querelen von Madam und Eve
■ In Südafrika gibt es bis heute nur wenige schwarze Karikaturisten
Jedes Jahr kurz vor Weihnachten erscheint in Südafrika eines der erfolgreichsten Bücher des Landes: Der Comic strip „Madam & Eve“. Die Episoden einer weißen madam und ihrer schwarzen maid treffen den Nerv von Schwarz und Weiß – durch alle Wirren politischer Neugestaltung.
Im neuen Südafrika ist zwar alles anders. Sich aber von schwarzen Hausangestellten zu trennen ist für Weiße undenkbar. Schafft man damit nicht auch Arbeitsplätze in einem Land, in dem die Arbeitslosigkeit bei 40 Prozent liegt? Madam und Eve hassen sich wegen ihrer unterschiedlichen kulturellen Herkunft – und können doch nicht voneinander lassen. Eve würde gerne ihre Madam verlassen, doch bleibt es beim bloßen Wunsch. Und der Erkenntnis, daß sie es anderswo auch nicht besser hätte.
„Madam & Eve“ erschien zum ersten Mal 1993 in der linksliberalen Wochenzeitung Weekly Mail – in der ungewissen Wendezeit. „Die Wende war für fast alle von uns ganz schwierig“, sagt der Karikaturist Allastair Findlay, „denn plötzlich waren uns die Feindbilder abhanden gekommen.“ Heute druckt auch der Star, die größte englischsprachige Zeitung, die Querelen von Madam und Eve.
Südafrika hat eine lange Tradition in politischer Karikatur, geprägt vor allem durch die britischen Kolonialherren. Die englischsprachigen Zeitungen Südafrikas hielten sich stets gute Zeichner, und auch in den burischen Zeitungen gehörte die Karikatur zum Repertoire. Selbst in schlimmsten Apartheid-Zeiten hatten die Zeichner eine gewisse Narrenfreiheit, durften auch in linientreuen Blättern anprangern. Die bitterbösen Zeichnungen von einem der berühmtesten Karikaturisten Südafrikas, Derek Bauer, erstaunten ausländische Besucher: Daß so etwas in den achtziger Jahren nicht zensiert wurde!
Zwei Jahre nach dem Machtwechsel am Kap ist es für die Zeichner einfacher geworden, Themen zu finden. Denn auch die neue Regierung ist fehlbar. „Die Aufgabe eines Karikaturisten ist, Dinge aufs Korn zu nehmen“, meint Findlay. „Das schlimmste, was uns passieren kann: Wenn diese Dinge sich verwischen.“ Findlay, der sich selbst als burischen Südafrikaner versteht, arbeitet heute für eine der größten schwarzen Zeitungen des Landes, die Johannesburger Sonntagszeitung City Press. Schwarze Karikaturisten gibt es bis heute nur selten in Südafrika. Auch für die größte schwarze Tageszeitung, den Sowetan, zeichnet ein Weißer. Das ist eher eine kulturelle Frage. „In den afrikanischen Völkern ist die orale Tradition viel ausgeprägter als darstellende Kunst“, sagt Findlay. Die Bedürfnisse seiner überwiegend scharzen Leserschaft trifft er aber offenbar trotzdem – noch nie gab es Proteste gegen seine Zeichnungen. Und auch die Redakteure lachen über seine Spitzfindigkeiten. Kordula Doerfler, Johannesburg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen