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■ StandbildFernsehen fern gesehen

„FC Barcelona gegen Bayern München“, Di., 21 Uhr, Premiere

„Kommst du mit ins ,Plateau‘?“ fragt Mario ernst. „Was gibt's da?“ frage ich zurück. „Barcelona gegen Bayern!“ sagt Mario bedeutungsvoll. Mario hat seine Diss über die Frankfurter Schule geschrieben, aber für 90 Minuten wöchentlich identifiziert er sich mit dem Klassenfeind aus München.

Die Idee, zum Fernsehen in die Ferne zu gehen, hat etwas Instruktives. Ich sage zu. Fernsehkonsum wird ein Stück weit kommunikativer, wie in den 50ern, als nur einzelne Wirte einen Apparat besaßen. „Premiere“ warb sogar damit, daß der Decoderbesitzer heute in ähnlicher Weise zum Zentrum eines kleinen Sozialkreises wird. Davon will der Hamburger Pay-TV-Kanal nun nichts mehr wissen. „Premiere“ in der Kneipe, so eine Dame der Sportredaktion auf meine Anfrage, sei „laut Nutzungsvertrag“ streng verboten. Dann ist ganz Apfelwein-Sachsenhausen, wo in jeder Kaschemme neben Handkäs' und Schlachtplatte auch Barcelona gegen Bayern „Live!“ auf der Karte steht, also virtuelle Sperrzone.

Im „Plateau“ steht der Fernseher auf einem Hochplateau über der Tür. Jeder, der reinkommt, verrenkt seinen Hals nach der Kiste. Der „Sozialkreis“ scheint sich ausschließlich aus Spaniern mit deutscher Physiognomie zusammenszusetzen. Wütende Anfeuerungsrufe, den verhaßten Lederhosenclub zu demontieren: „Zieh ab, Junge, mach' ich rein!“

„Kann man jetzt noch quatschen?“ fragt Sabine, die zu spät gekommen ist und jetzt mit einem Blick feststellt, daß die Männer von Barcelona besser aussehen als die Bayern, „mit Ausnahme von Sforza“. Als die Bayern schließlich 2:0 führen, hat sich das akustische Stimmungsbild im Raum gewandelt. Mit dem Erfolg werden aus Bayernhassern deutsche Jubler. Dann kommt der Brezelmann und stellt sich vor meine Nase. Ich sehe noch weniger als Oliver Kahn beim Freistoß hinter der Mauer. Tellerlippe brüllt und hält.

Bei derartigem Fußballkonsum wird die Rolle des TV-Kommentatoren durch sachlich präzise Anmerkungen des Kneipenpublikums („Faule Sau, die!“) angenehm ausgeblendet. Stell dir vor, es ist Rubenbauer, und keiner hört ihn! „Isch hab' mei Brill' vegesse'“, sagt der Brezelmann kurz vor Abpfiff. Egal, die erste Halbzeit war eh beser. Manfred Riepe

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