: Wer keine Existenz hat, gründet eine
■ Viele geben allerdings nach kurzer Zeit schon wieder auf
Was bringt Menschen dazu, sich selbständig zu machen? Die Gründe hierfür sind vielfältig, das Geldverdienen allein spielt jedoch nicht immer die große Rolle, die viele vermuten. Vielmehr können eine Reihe von Existenzgründern ihre Ideen oder Visionen an ihren alten Arbeitsplätzen nicht oder nur mit sehr großem Aufwand umsetzen.
Menschen, die einen solchen Schritt gehen, wollen oftmals auch selber aktiv gestalten und „etwas bewegen“. Andere werden Unternehmer, weil sie zum Beispiel eine bestimmte Art von Produkten vermissen oder dem vorhandenen Markt nicht trauen, was beispielsweise eine Vielzahl von Bioläden hervorbrachte.
Eine zunehmend größere Gruppe gründet Unternehmen, weil sie ihren bisherigen Arbeitsplatz verloren haben. Dieser Personenkreis liebäugelt oft mit dem Dienstleistungssektor: Es ist weniger Startkapital erforderlich und das Unternehmen oftmals zunächst von den eigenen Wohnräumen aus zu betreiben. In Deutschland ist die Zahl der Selbständigen vermutlich deshalb geringer als in anderen Ländern, weil hier zahlreiche Bestimmungen und behördliche Auflagen viele davon abhalten, diesen Weg zu gehen. Behörden und Kammern sollten also weniger die negativen als die positiven Elemente der Auflagen darstellen und verstärkt Hilfestellungen geben, an wen sich die Existenzgründer außerdem wenden müssen. Eine größere Kundenorientierung wäre hier vonnöten, denn oft werden die Ratsuchenden nur als lästige Bittsteller gesehen.
Untersuchungen über Neugründungen haben ergeben, daß die Mehrzahl der Gründer bereits in den ersten zwei bis drei Jahren wieder aufgeben muß. Hauptgründe sind vor allem der Mangel an kaufmännischem Wissen sowie eine viel zu geringe Kapitalausstattung. Viele unterschätzen die Kosten und die Zeitdauer, bis sich ein Unternehmen stabilisiert hat – Aufklärung tut not. Doch existieren bereits positive Ansätze, um die Situation für die Gründer zu verbessern.
In Hamburg beispielsweise hat die Wirtschaftsbehörde eine Initiative für Existenzgründer gestartet, die die neuen Unternehmer durch einen Wertscheck unterstützen, damit sich die Existenzgründer das fehlende Wissen günstiger beschaffen können. Eine Vielzahl von Unternehmen und Institutionen unterstützt diese Initiative durch kostenlose oder günstige Beratung und Seminare. Andere Gemeinden bilden Existenzgründungszentren, um den Gründern umfassend zu helfen. Die Hilfestellung liegt oft darin, daß zunächst kostenlos Tips weitergegeben werden. Darüber hinaus werden aber auch günstige Arbeitsräume sowie Personal für die Verwaltungsarbeiten zur Verfügung gestellt – hilfreiche Beispiele, die auch in anderen Gemeinden Schule machen sollten. Manfred Loose
Der Autor ist Mitarbeiter der Hamburger Betriebsberatung Rat & Plan, Tel. 040/3908106.
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