: Ein Bündnis für Arbeitgeber
■ DGB will nach dem Scheitern der Kanzlerrunde Druck machen. Koalition geht Sparpaket nun im Alleingang an
Bonn (taz) – Weil es keinen Konsens gab, soll es nun zum Konflikt kommen: Nach der erfolglosen Kanzlerrunde vom Dienstag abend hat der DGB gestern seine Teilnahme an weiteren Gesprächen mit Bundesregierung und Wirtschaft vorläufig aufgekündigt. DGB-Chef Dieter Schulte nannte als Grund die in der Kanzlerrunde vorgestellten Regierungspläne zur Verschlechterung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, zur Einschränkung des Kündigungsschutzes in kleineren Betrieben, zur Verschlechterung des Rentenrechts und des Arbeitsförderungsgesetzes.
Schulte sprach von einem Abschied vom Konsensmodell, für den er „radikale Beeinflussung“ und „massives Drängen“ der Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände auf die Bundesregierung verantwortlich machte. „Die Arbeitgeber wollen eine andere Republik“, warnte der DGB- Chef und kündigte seinerseits an: „Wir werden unseren Druck erhöhen.“
Teile ihres 50-Milliarden-Mark-Sparpakets will die Koalition nun im Alleingang durchsetzen. Offensichtlich soll die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall um 20 Prozent gekürzt werden. Wahlweise sollen bis zu sechs Urlaubstage angerechnet werden können, wurde nach Beratungen von Union und FDP bekannt. Da die Exekutive nicht in die Tarifhoheit eingreifen darf, gilt die Einschränkung aber nur für Arbeitnehmer, deren Lohnfortzahlung tarifvertraglich nicht festgeschrieben ist.
Mit den geplanten Sozialeinschnitten ist der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) noch lange nicht zufrieden. „Die Richtung stimmt, aber nicht das Tempo“, sagte BDI-Chef Hans-Olaf Henkel. Das Ziel, die Lohnzusatzkosten unter 40 Prozent zu drücken, werde nicht erreicht. Höhnisch äußerte sich Henkel über die Reaktion der Gewerkschaften: „Dieses Minimalpaket rechtfertigt überhaupt nicht, nun beleidigte Leberwurst zu spielen.“ Arbeitgeberpräsident Klaus Murmann sagte voraus, die Gewerkschaften würden zu den Konsensgesprächen zurückkehren. Mit Streiks rechne er nicht.
„Primitiven Abbau des Sozialstaates“ warfen dagegen SPD-Chef Oskar Lafontaine und Fraktionschef Rudolf Scharping der Bundesregierung vor. Während Großvermögende mit Steuergeschenken in Milliardenhöhe rechnen dürften, versuche die Regierung Kohl, die selbstverschuldete Finanzmisere auf Kosten von Familien, Arbeitslosen und Rentnern zu beheben.
Hans Monath Tagesthema Seite 3
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