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"Keinen Blickkontakt zu anderen Kunden"

■ 50 Jahre Ferien im Paradies: Ein Angebot, das Ahnungslose nicht gerne ausschlagen

Nichts bleibt dem Zufall überlassen. Die „Beratungsgespräche“ im Erdgeschoß des Zürichhauses, wo die „Century“ ihr Domizil errichtet hat, laufen nach einem detaillierten „Leitfaden“ ab, an den sich die BeraterInnen „genau halten“ müssen. Die meist paarweise eingeladenen ahnungslosen InteressentInnen, die gekommen sind, um als „Urlaubs- tester“ eine Woche Gratis-Urlaub zu verbringen, werden zunächst in einen Beratungsraum geführt und so „placiert“, daß sie „keinen Blickkontakt zu anderen Kunden“ aufnehmen können.

Danach werden sie über ihre Reisegewohnheiten ausgeforscht. Sie sollen „Traumurlaubsziele“ nennen, die sie aus Finanzgründen bislang noch nicht bereisen konnten. Die Anschlußfragen der BeraterInnen: „Wäre es nicht toll, wenn Sie in Zukunft für das gleiche Geld, das Sie für ihren letzten Urlaub bezahlt haben, zu ihren Traumreisezielen reisen könnten?“ Und: „Wenn ich Ihnen zeigen kann, daß das funktioniert, würden Sie dann lieber mit uns verreisen?“ Wer kann da schon nein sagen.

Schließlich müssen sich die BeraterInnen von ihren KundInnen per Handschlag besiegeln lassen, daß diese sich hier und heute für oder gegen „eine Urlaubsform“ entscheiden, die sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht kennen. Anmerkung aus dem BeraterInnen-Leitfaden: „Es ist ganz wichtig, daß der Kunde Ihnen das klare Versprechen gibt, daß er sich am Ende Ihrer Beratung für ein klares Ja oder ein klares Nein entscheidet.“

Nach diesem „Vorwegabschluß“ dürfen sich die Eingeladenen aus den RCI-Katalogen zehn leider bislang unerschwingliche Traum-Ferienziele in der ganzen Welt aussuchen, die sie in den kommenden Jahren gern bereisen würden und schätzen, was diese astronomisch teuren Urlaube kosten würden.

Anschließend wird den verdatterten KundInnen offeriert, sie könnten sich sogar 50 Jahre lang solche Paradies-Ferien leisten. Erklären die Angesprochenen, daß sie das wollen, werden sie mit den Worten „Herr/Frau ... sind von unserer Idee begeistert und haben mir versprochen, daß sie ab heute mit uns verreisen wollen, wenn es finanziell machbar ist“, an einen „Manager“ weitergeleitet.

Dessen Aufgabe besteht darin, den nach über zwei Stunden Vorgeplänkel so erschöpften wie urlaubswilligen KundInnen zu „erklären“, wie sie durch das Time-Sharing-Modell und die einmalige Zahlung von 35.000 Mark sowie ein paar hundert Mark jährliche Zusatzgebühren ihr Leben lang jedes Jahr bis zu vier Wochen kostenlos an einem Traum-Ziel ihrer Wahl übernachten können.

Doch das Angebot gelte nur, wenn die Angesprochenen einen entsprechenden Vertrag an Ort und Stelle unterschreiben würden. Neigt der Übertölpelte noch immer zu Widerworten, werden weitere rhetorisch geschulte MitarbeiterInnen bemüht, die ihn massiv bedrängen, seine Unterschrift zu geben – er wolle doch wohl nicht so blöd sein, auf ein Leben voller erschwinglicher Traumurlaube zu verzichten. mac

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