: 1.200 Niedrig-Energie-Häuser
■ Auch eine Folge von der Tschernobyl-Katastrophe: Energiesparförderung in Bremen
Tschernobyl war in Bremen der Anlaß zur Gründung des „Energiebeirats“. Unter Leitung des aus der Atomindustrie ausgestiegenen Physikers Klaus Traube hat der Energiebeirat nach zweieinhalb Jahren Vorarbeit ein Konzept vorgelegt, wie Bremen völlig ohne Atomstrom auskommen und den Ausstoß des Treibhaus-Gases CO2 bis zum Jahr 2010 um 40 Prozent senken kann. Energiesparen, Ausbau der Nah- und Fernwärme auf Basis von Kraft-Wärme-Kopplung und Einsatz regenerativer Energien wie Sonnen- und Windenergie waren die Leitlinien dieses Konzeptes. Noch zu Zeiten ihrer Alleinregierung übernahm es die SPD in ihr Parteiprogramm. Im September 1991 beschloß die neue Ampel-Koalition in der Bürgerschaft das Bremer Energiegesetz mit im Bundesvergleich besonders fortschrittlichen Zielvorgaben. 30 Prozent CO2-Einsparung bis zum Jahr 2005 war die wichtigste davon, und auch die Große Koalition hat sie übernommen.
Teils freiwillig, teils unter erheblichem politischen Druck machten sich in der Folge die Bremer Stadtwerke an die Umsetzung der Ideen des Energiebeirats. Der Fernwärmeausbau im Bremer Osten und der Plan, noch in diesem Jahrzehnt die gesamte Innenstadt an das Netz anzuschließen, sind der sichtbarste Ausdruck davon. Parallel dazu entstand im Umweltressort von Ralf Fücks die „Energieleitstelle“ zur Förderung privater Projekte.
Fast 5.000 Förderanträge sind seit Beginn ihrer Arbeit bei der Energieleitstelle eingegangen, 800 Wohnungen sind mit Fördermitteln besser gegen Wärmeverlust gedämmt worden, fast 1.200 Neubauten entstanden im Niedrig-Energiehaus-Standard. Auch Sonnenkollektoren, Windenergieanlagen und die Verbesserung von Heizungen wurden gefördert. Insgesamt 20 Millionen Mark aus dem Bremer Landeshaushalt standen dafür bisher zur Verfügung. Zehn Millionen weiterer Fördermittel konnten damit nach Bremen geholt werden, insgesamt wurden mit diesen Energiespar-Geldern Investitionen von 250 Millionen Mark bewegt.
So erfreulich sich diese Bilanz liest, so mager ist das damit erzielte Ergebnis im Vergleich zu den ehrgeizigen Zielen des Energiebeirats. Gerade mal 65.000 Tonnen CO2 im Jahr konnten mit der gesamten Förderung in Bremen eingespart werden. Das entspricht der Menge, die 11.000 Familien im Durchschnitt verursachen. Insgesamt pustet Bremen aber in jedem Jahr 12-13 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre, ein Drittel davon wird vom Straßenverkehr verursacht, über 40 Prozent von den Stahlwerken.
„Wir haben noch einen steinigen Weg vor uns“, rekapituliert denn auch Umweltsenatorin Tine Wischer zum zehnten Tschernobyl-Jahrestag, „das alte Wachstumsmodell hat ausgedient, das haben wir in Bremen schmerzlich gespürt. Neben der Sicherung von Arbeitsplätzen müssen wir neue schaffen, auch im Energiesektor.“ Das Bremer Förderprogramm soll künftig stärker auf einige besonders erfolgreiche Teile konzentriert werden, für die jedoch keine Mittel aus Förderprogrammen des Bundes zur Verfügung stehen.
Der Ersatz von elektrischen Heißwasserbereitern soll in privaten Haushalten unterstützt werden. Die Förderung von Kraft-Wärme-Kopplung in Industriebetrieben hat bei der bisherigen Förderung den mit Abstand größten Nutzen pro eingesetzter Mark gebracht. Auch sie soll fortgeführt werden. Einen neuen Schwerpunkt will die Energieleitstelle mit der Förderung von Windenergie-Parks einrichten. Im vergangenen Jahr wurden bereits die dafür besonders geeigneten Flächen im Bremer Stadtgebiet ermittelt. Und schließlich soll auch weiterhin Geld für die Unterstützung von Projekten mit „besonders großer Demonstrationswirkung“ zur Verfügung stehen, um technische Neu- und Weiterentwicklungen im Energiebereich anzuregen. Ase
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