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Uni-Etat ächzt unter Personalkosten

■ Globale Haushalte, mächtige Dekane: Die Unis suchen nach Reformansätzen

HochschulpolitikSommersemester 1996

Uni-Etat ächzt unter Personalkosten Globale Haushalte, mächtige Dekane: Die Unis suchen nach Reformansätzen

Fachbereiche verschwinden. Studiengänge werden zusammengelegt, Studiengebühren erhoben. Die neuen Gesetze greifen tief ein in das Hochschulleben. Verständlich, daß die Studierenden sich bei Diskussionen und Demonstrationen hauptsächlich mit diesen Themen beschäftigen.

Doch es gibt noch eine Reihe anderer Ansätze zur Umgestaltung der Berliner Hochschullandschaft, besonders im Bereich der Uni-Verwaltung. Eine dieser Reformen stößt weder bei den Studierenden noch bei den ProfessorInnen auf Widerstand: Im Haushaltsstrukturgesetz steht, daß Personal- und Sachausgaben „gegenseitig deckungsfähig sind“. Für die Universitäten bedeutet dies: Sie können in Zukunft selbst entscheiden, wieviel Geld sie für Personal ausgeben und wieviel für Bücher oder Exkursionen. Auf diese Weise sollen die Unis selbständiger wirtschaften können. „Grundsätzlich ist das eine interessante Sache“, sagt Ulrike Gonzales, Hochschulreferentin des Asta der FU. „Doch, wenn kein Geld zu verteilen ist, bringt das gar nichts.“

Falsche Debatte

„Das Gesetz greift auf, was wir schon praktiziert haben“, sagt Kanzler Kurt Hammer, Chef der Verwaltung der Freien Universität (FU). Denn durch Kuratoriumsbeschlüsse verfügt die FU schon seit Jahren über eine weitgehende Deckungsfähigkeit der Mittel. Peter Grottian, Professor für Politische Wissenschaften an der FU, ist für die gesetzliche Festschreibung von solchen Globalhaushalten. Die gesamte Reformdebatte gehe allerdings in die falsche Richtung: „Wir müssen den Hebel bei den Personalkosten ansetzen“, schlägt Grottian vor. Er wünscht sich einen Ausstieg der Professorenschaft aus den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst. „Im Gegenzug müßte uns versprochen werden, daß die Universitäten nicht mehr gerupft werden.“

„Umverteilung“ heißt sein zweiter Schritt. Seine Kolleginnen und Kollegen will er dafür gewinnen, zehn Prozent ihres Einkommens abzugeben. „Dieses Geld sollte man in Arbeitsplätze umwandeln, damit junge Wissenschaftler wieder an die Universitäten können.“

Daß die Personalkosten der Knackpunkt im Haushalt sind, bestätigt Kurt Hammer. Sein Etat kommt ins Schleudern, wenn die Universität laufende Tariferhöhungen selbst bezahlen muß wie in diesem Jahr vorgesehen: „Dann zehren wir uns auf, um die Dauerbeschäftigten zu finanzieren.“

Kohle auf Zuruf

In seiner Verwaltung wird an einer Reform gebastelt, die Einzelnen mehr Macht einräumt. Die Dekane der Fachbereiche sollen mehr Entscheidungsmöglichkeiten in Haushalts- und Personalfragen bekommen. Das könne die dezentrale Verantwortung stärken, sagt Hammer.

Der FU-Asta sieht darin einen Versuch, die Errungenschaften der 68er-Bewegung zu beseitigen. „Auf diese Weise werden die Uni- Gremien entmachtet“, sagt Ulrike Gonzales: Dieses Modell bedeute den Verlust von Demokratie, weil die Fachbereichsräte nur noch eine beratende Funktion hätten.

„Wer den Dekanen mehr Befugnisse gibt, stärkt das Professorenkartell“, sagt Jochen Geppert, studentischer Vertreter im FU- Kuratorium. Nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichtes von 1973 müssen die ProfessorInnen in allen Gremien die Stimmenmehrheit haben. „Die professoral dominierten Gremien verteilen die Kohle auf Zuruf“, sagt Geppert. Er wünscht sich, daß dieses Gruppendenken aufgebrochen wird. Ein Reformvorschlag des Asta sieht deshalb vor, daß die unterschiedlichen Gruppen ihre Vertreter nicht selbst stellen, sondern daß diese von den übrigen Gruppen mitgewählt werden. Dann müßten alle Gremienmitglieder die Interessen der anderen wahrnehmen, um wiedergewählt zu werden. Paul Rainald

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