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Unterm Strich

Daß Wolf Biermann von der Stasi bespitzelt wurde, ist hinlänglich bekannt, daß sich unter den Spitzeln auch der Frankfurter Kommunalpolitiker und Musikagent Diether Dehm befunden haben soll, geht auf eine gestern gesendete Recherche des „Kulturweltspiegel“ zurück. Danach soll Dehm nach Biermanns Ausbürgerung dessen Vertrauen gewonnen und als „IM Dieter“ und später „IM Willy“ politische Vorstellungen des Songpoeten auf konspirativen Treffen in Ost-Berlin ausgepetzt haben. Dehm bestreitet alles, das Ganze lasse die Frage aufkommen, wer ihn mit Zetteln der „Lügenmacht Stasi“ ins Zwielicht zerren wolle. Sein Anwalt hat indessen erklärt, bei der Gauck-Behörde sei ein Aktenvorgang über Dehm aus der Zeit zwischen 1972 und 1974 entdeckt worden. Seitenaspekt der Sache: Dehm ist nicht nur Musikmanager, Buchautor, ehrenamtlicher Stadtrat im Frankfurter Magistrat und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft „Selbständige in der SPD“, sondern selbst Liedermacher! Was manche vielleicht gar nicht wissen: Dehm, und kein anderer als Dehm, war es, der für Klaus Lage dessen Hit „1.000mal berührt“ geschrieben hat (Conclusio: „Dann hat es ,boum‘ gemacht“. In Frankfurt und anderswo gilt der Mann deswegen als „schillernde Figur“.

Den Sprung vom „Schillernden“ zum „Umstrittenen“ bereits hinter sich hat Georg Baselitz, dessen „Tanz ums Kreuz“-Gemälde vom 24. Mai bis 29. September in der Neuen Nationalgalerie Berlin zu sehen sein wird. „Umstritten“ war die Hängung der sechs Quadratmeter Baselitz, die den Gekreuzigten auf gut baselitzisch auf den Kopf gestellt zeigen, in der Luttrumer Annenkirche — rund 100 Luttrumer verließen im Bösen die Gemeinde. Der Export nach Berlin soll nach Auskunft des Luttrumer Kirchenvorstandsmitglieds Birgit Beuger von den „Nebenkriegsschauplätzen“ auf „das Bild selbst“ zurücklenken.

Normalerweise keine Preise vom Büchner-Preis abwärts in diesen Spalten, aber daß Quincey Jones für sein Lebenswerk als Komponist, Musiker und Produzent in die französische Ehrenlegion aufgenommen wurde, muß unter die Leut'. Jones, heute 63, der die McCarthy-Fünziger in Paris verbrachte: „In aller Bescheidenheit nehme ich die Ehre an, nicht nur für mich, sondern auch für die vielen großartigen Jazzmusiker, die über die Jahrzehnte von Frankreich mit offenen Armen aufgenommen wurden.“

Die Nachricht zum Montag: Der Bundesverband der Deutschen Kunsthandwerks sieht das eigene Treiben durch eine zunehmende Zahl von Hobbykünstlern bedroht. Auf einer Jahrestagung in Braunbach am Rhein wurde vor allem die verstärkte Präsenz von Hobbykünstlern auf Kunsthandwerkmärkten diskutiert. Der Verbraucher habe dadurch keine klare Vorstellung mehr vom Wert kunsthandwerklicher Profiarbeit. Das Wetter ...

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