Beste Bohne aus Mörderland

■ Selbst Bürgerkriege stören ihr profitables Geschäft nur vorübergehend. Hanseatische Kaffee-Händler sind immer und überall am Ball.

Kaum beachtet, aber schmackhaft: Jedes vierte Päckchen Kaffee kommt aus Afrika. Unter den rund ein Dutzend Lieferländern sind auch Ruanda und Burundi. Doch mit konkreten Orten oder Geschäften mögen Kaffee-Händler sich nicht gern in Verbindung bringen lassen. Kaffee aus Kolumbien, Deutschlands größtem Liefergebiet? Land der Drogenbosse! Aus Ruanda? Land der Massaker! Derzeit gar aus Burundi? Was kein Waffenboykott erreicht, könnte vielleicht ein Kaffeeboykott bewirken: die Mörder zu stoppen. Davor jedoch stehen deutsche Kaffeehändler.

Eduschos Pressesprecher Rolf Helmbrecht sagt: „Wenn Qualität und Preis stimmen, kaufen wir überall.“ In Ruanda habe seine Firma nur eine „geringe Rolle“ gespielt. Und auch burundische Bohnen kaufe man 1995 weniger als zuvor, „kaum 10.000“ der rund 300.000 von Deutschland importierten Sack.

Deutsche Kaffeehändler überwiesen bis zum Sturz des ruandischen Regimes beträchtliche Summen nach Kigali. Von Januar bis April 1994, kurz vor Ausbruch des dortigen Völkermords, waren es 20 Millionen Mark. Ähnlich Burundi: Flossen in den ersten drei Quartalen 1994 etwa 37 Millionen Mark nach Bujumbura, waren es 1995 rund 69 Millionen.

Im Weltmaßstab sind das Pea-nuts, hier aber handelt es sich um direkte Überlebenshilfe für die brutal herrschenden Militärs und Milizen. Trotz kriegsbedingter Blockaden der Vertriebswege finden sich stets Kanäle für den Kaffee.

Drei Viertel der knapp 50 deutschen Kaffee-Handelsfirmen haben ihren Sitz in Hamburg, darunter das weltweit größte Haus, die Neumann-Rothfos-Gruppe. Ruanda und Burundi liefern einen kleinen, aber feinen Teil der Bohnen. Wer drei Tassen täglich trinkt, genießt spätestens sonntags eine aus der Heimat von Hutu und Tutsi.

Rund die Hälfte aller Erwerbstätigen in beiden Ländern baut Kaffee an. Die Kaffee-Erzeugung jedoch nährt auch den postkolonialen Staat und dessen gefährliche Eliten. Mehr als 80 Prozent der Devisen Burundis stammen aus dem Export des Luxusgutes. Einziger Verkäufer: die staatliche Kaffee-Behörde BCC. Größter Abnehmer: Deutschland.

Laut Hans-Georg Müller-Henniges, dem Pressesprecher des Deutschen Kaffee-Verbands und zugleich der Neumann-Rothfos-Gruppe, hätten in Ruanda alle Röster mitgemischt: „Namen nenne ich nicht.“ „Natürlich“ handele Neumann-Rothfos mit Bohnen aus Bujumbura. Und Darbovens Chefeinkäufer Dieter Nagel erhält „gerade jetzt ständig hochinteressante Angebote“ aus Burundi: „Kaffee ist das erste, was wieder läuft“. Die aktuellen Offerten kämen unter anderem von der Hamburger Coffee Company, Eugen Atté und – „natürlich“ – von Neumann-Rothfos.

Erich Benecke vom Qualitätslieferanten Atté hat beim Ankauf burundischen Kaffees schon ein „schlechtes Gefühl“ - wegen der „eigenartigen Situation“ in Bujumbura. Letztes Jahr noch von hoher Qualität, sei seither „irgendwas mit dem Kaffee nicht in Ordnung“. Das liege aber nicht an fehlender Sorgfalt der ErzeugerInnen, betont Benecke, auch wenn viele die Pflanzungen verlassen haben. Schließlich sei der burundische Bürgerkrieg „bestimmt nicht so schlimm wie in Ruanda“.

Bent Dietrich, Geschäftsführer der Coffee Company, mag sich nicht an „Spielchen“ beteiligen, wer vor 1994 wieviel Kaffee aus Ruanda verhökert habe. „Wir haben mit Ruanda keine Geschäfte getätigt.“ Dann fügt er aber hinzu, eigentlich habe seine Firma „kaum Ruanda-Kaffee gekauft“. Wunschtraum eines jeden Dealers: Eigentlich lieber nichts gekauft zu haben, was allzu direkt blutig war.

Da haben die deutschen Kaffeehändler einfach Glück, denn gehandelt wird ihr Produkt vor allem an den Börsen in London und New York. In Ruanda steuert zudem noch heute ein „Monopolist aus der Kolonialzeit“, so Dietrich, den gesamten Kaffee-Außenhandel.

Darbovens Sprecher Nagel, dessen Firma auch ein bißchen „Transfair“-Kaffee handelt, bleibt dabei Optimist. Sein Credo lautet: „Kaffeetrinken, das ist Hilfe für die Dritte Welt.“ Fritz Gleiß

Der Autor ist Journalist, u.a. für Africa international, und Buchautor („Ostafrika“).