Autos blühen und sterben

■ Mercedes-Benz präsentiert ein neues Bambus-Modell / Lachen dürfen mit Mercedes!

Was erwarten wir von einem chinesischen T-Haus? Nicht nur T. Eventuell Bambus links und rechts. Lauschen wir mal: Im Vergleich zum dumpf ächzenden Stöhnen und Rülpsen eines deutschen Fichtenwaldes zirpeln die feinen Blättchen einer Bambuskolonie wie eine kichernde Harfe in die lauwarme Sommernacht (Zitat taz, zitiert nach Der Spiegel, 18/1996). T-Gebäck, T, ein T-Haus und AkrobaTik gab es gestern in der Mercedes-Benz-Niederlassung Bremen. Grund: die Präsentation der neuen T-Modelle (T wie Tahrspaß, Tunktionalität, Trendsetter).

Die neuen T-Modelle bekommt man mit eckigen und runden Lampen. Mit mehr oder weniger Zylindern. Mit neugestaltetem Dach- und Heckbereich. Durch die Neigung der Heckscheibe unterscheiden sich die T-Modelle jetzt endlich von anderen Kombimodellen, Stichwort: Ford Mondeo. Das ist wichtig, denn das T-Modell wird weniger denn je als Nutzfahrzeug gekauft. Mehr denn je als Unnutzfahrzeug. Unter uns: Nur noch jeder fünfte Bundesbürger braucht das Auto für die Arbeit. Mercedes: „Die Soziologen sprechen bereits vom Erlebnis-Zeitalter.“

Erlebnis-Zeitalter geht so: Im Show-Room von Mercedes-Benz Bremen droben in der Vahr bekommt jeder Besucher ein Glas T mit einer Erdbeere. Dann darf er in eine Erlebnis-Installation gehen. Man betritt einen Urwald. Affen, Papageien, echtes Wasser plätschert. Zwischen Schlinggewächsen ein Monitor, der T-Modelle zeigt, wie sie auf einer Straße hin und her fahren. Doch kein Bambus weit und breit! Der Bambus nämlich stirbt. Blüht und stirbt. Aller Bambus in Europa und den USA, der den Namen Fargesia murielae trägt, blüht und stirbt. Botaniker sprechen von einer genetischen Zeitbombe. Obacht! Böse Gärtner verkaufen noch die sterbende Spezies murielae! Gute Gärtner verkaufen phyllostachys.

Stellen wir uns einen winzigen Lidschlag lang das Elend der Oberneulander Gartenbesitzer vor, deren Bambuskolonien eingehen wie ein Mann! Einem Mann in Berlin-Grunewald passierte es sogar, daß er sich eine Bambushecke für 45.000 Mark anlegte, die er nun komplett in den Wind schreiben kann. Zack, ist der beliebte Sichtschutz weg.

Zurück bleiben entsetzlich zum Krallen neigende Wurzelstöcke, die mühsam ausgegraben werden wollen. Es dauert Jahre, bis mit phyllostachys wieder einigermaßen Sichtschutz herrscht. Will man in Berlin-Grunewald oder in Oberneuland denn, daß Kreti und Pleti einem beim Waschen und Polieren des T-Modells zugucken?

Der bambuslose Erlebnis-Urwald von Mercedes-Benz bzw. Benz-Urwald von Erlebnis-Mercedes wurde von einer Bielefelder Firma für Veranstaltungsdesign realisiert und von Frau Schroeder. Frau Schroeder ist für das Vermarktungsdesignzuständig. Schön gelang auch ein Erlebnis-Strand mit einem Geräusch, als falle man soeben ins Wasser. Wenn man durch die Erlebnisinstallation durch ist, fällt man fast in ein T-Modell, aus dessen Kofferraum ein Pferd zu wiehern scheint. „Es ist doch schön, wenn man bei Mercedes lachen kann,“ findet Frau Schroeder, und das finden wir auch.

Es gibt ja sonst so wenig zu lachen. Lachen heute etwa Bambusbesitzer der Spezies murielae? Lachen Taxifahrer, denen Fahrgäste das Fahrzeug vollkotzen? Nun, im Showroom von Mercedes-Benz lassen sich die grauen und beigen extrem abwaschbaren Sitzpolster im T-Taxi bewundern und probesitzen. Manch ein Mann in Lederjacke faßt auch schon vorwitzig den sparsamen Fünfzylinder an (eckige Lampen: 7 Liter auf 100 km, runde Lampen: 6,8). Aber wo sind die T-Kekse geblieben?

T-Kekse scheinen dermaßen der Renner zu sein, daß wir keinen mehr abkriegen. Frau Schroeder erzählt stattdessen, daß hier auch manche Interessenten „mit dem Zollstock“ rumlaufen und „den Kofferraum vermessen“. Hier jetzt ein taz-Service: Das T-Modell mit fünf Insassen und eckigen Lampen faßt 465 Liter, das mit runden Augen 600 Liter. Nie mehr Zollstock!

Wieso Mercedesse der Spezies T nach zehn oder fünfzehn Jahren plötzlich erblühen und darauhin absterben, ist in der Fachwelt weiter ein Rätsel und ein Geheimnis. Man munkelt von einer endogenen Uhr. Die Uhr tickT. BuS

Wer Lust bekommen hat: Der MB-Showroom in der Emil-Sommer-Straße ist auch heute und morgen offen. Es gibt eine Schmink-Aktion für Kinder!