: Arbeitsplätze selbstgemacht
■ Während Großunternehmen Massen entlassen, sollen Existenzgründer Risiken eingehen und für Beschäftigung sorgen Von Stefanie Winter
Mit der Förderung von Existenzgründungen im allgemeinen und einem entsprechenden „Markt der Möglichkeiten“ ab dem kommenden Mittwoch will Hamburgs Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus der stetig steigenden Zahl arbeitsloser Menschen in der Hansestadt begegnen. Während Großbetriebe die als „Stellenabbau“ geschönten Massenentlassungen weiter vorantreiben, sollen in – gegebenenfalls neu zu gründenden – kleinen und mittleren Betrieben neue Arbeitsplätze entstehen.
Als erste Anlaufstelle für werdende Selbständige dient seit rund einem Jahr die von der Wirtschaftsbehörde finanzierte „Hamburger Initiative für Existenzgründung und Innovationen“ (H.E.I.). Zwei Drittel aller Existenzgründer, freut man sich dort, schaffen bereits während des ersten selbständigen Jahres einen weiteren Arbeitsplatz. Bisher seien 150 Gründungen durch Vermittlung von Geld und Informationen unterstützt worden, erklärt H.E.I.-Mitarbeiter Daniel-Roger Marker – darunter ein Spielzeugverleih, ein Tanzstudio und eine Indoor-Cart-Bahn an der Sternschanze. In Unternehmensgründungen erkennt Marker ein großes Potential für mehr Beschäftigung; dazu gehöre auch die Übernahme bereits bestehender Betriebe.
Über einen dauerhaften Erfolg der H.E.I.-geförderten Unternehmen läßt sich zum jetzigen Zeitpunkt hingegen wenig sagen – die große Pleite stellt sich oft kurz nach dem dritten Firmengeburtstag ein. Ursache seien häufig Finanzierungsmängel oder kaufmännische Defizite, erklärt Marker. Doch gerade die versuche H.E.I. durch Beratung und Vermittlung von Bürgschaften zu beseitigen. Die Fähigkeit, sich selbst „gut zu verkaufen“, sei allerdings als Grundeigenschaft mitzubringen. Auch über ein „gewisses Eigenkapital“ müßten die Gründungswilligen verfügen.
Nur 40 Prozent der von H.E.I. begleiteten 150 Unternehmensgründungen profitieren von einer Bürgschaft durch die Bürgschaftsgemeinschaft Hamburg. Die springt ein, wenn eigene Sicherheiten nicht ausreichen, um einen Kredit zu erhalten. Im Falle einer Pleite deckt die Ausfallbürgschaft 80 Prozent des Kredits ab; der Bürgschaftshöchstbetrag liegt pro Kunde bei einer Million Mark. Die werdenden Unternehmer tragen somit ein relativ großes Risiko, räumt Marker ein – und das angesichts einer Wochenarbeitszeit von bis zu 80 Stunden und einem monatlichen Verdienst von rund 3000 Mark in der Gründungsphase.
Die H.E.I. ist telefonisch unter 611 700 - 41/42/43 zu erreichen. Existenzgründer erhalten hier ein Scheckheft für die verbilligte Teilnahme an Fachseminaren. Parallel zur heute beginnenden „Nordeuropäischen Handwerkshanse“ wird von Mittwoch bis Sonntag in Halle 8 auf dem Hamburger Messegelände ein „Markt der Möglichkeiten“ für Existenzgründer und Betriebsnachfolger angeboten. Ebensolche können sich täglich von 10 bis 18 Uhr über die rechtlichen, betriebswirtschaftlichen und persönlichen Aspekte einer Unternehmensgründung informieren.
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