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Die Vision des Adlers

■ Nordamerikanische Indianer lehren Hamburger Schülern, Natur und Kultur zu respektieren Von Patricia Faller

Karl May? Wer ist das? Der einstige Pflichtautor pubertierender Jünglinge, die aus seinen Büchern ihr gesamtes Wissen über den „Wilden Westen“ bezogen, scheint bei der jüngeren Generation an Anziehungskraft verloren zu haben. Fragende Blicke bei einigen SchülerInnen der achten Klasse der Erich-Kästner-Gesamtschule in Farmsen-Berne, als der Name fällt. Nur Sascha (14) hat alle Karl-May-Bände gelesen. Und was er da über Winnetou und die Indianer erfuhr, habe sich nicht wesentlich von dem unterschieden, was ihm Cathy White Eagle über die heute in Kalifornien lebenden IndianerInnen erzählte.

Cathy vom Stamm der Eastern Cherokee bereist zur Zeit auf Einladung der Gesellschaft für bedrohte Völker Schulen in Deutschland und der Schweiz, um ihre Kultur mit den europäischen „SchülerInnen zu teilen“, wie sie sagt. Unterwegs ist sie mit zwei weiteren ErzieherInnen und fünf Kindern und Jugendlichen, die zum Projekt „Eagle Vision Educational Network“ (EVEN) gehören. Ziel dieser gemeinnützigen Organisation nordamerikanischer IndianerInnen ist es, indianische Geschichte, Philosophie und das Prinzip der Achtung und Bewahrung der Erde zu vermitteln.

„Ich will den Jugendlichen hier von meiner Kultur erzählen, damit sie mehr wissen als das, was sie im Fernsehen sehen“, erklärt die 13jährige Gina. Und der gleichaltrige Allen fügt hinzu, daß immer noch viele Menschen Stereotypen im Kopf hätten oder IndianerInnen zu Maskottchen von Sportclubs degradierten. James will den deutschen SchülerInnen vermitteln, daß sie sorgsamer mit der Natur umgehen sollen, nicht etwa mutwillig Blumen zertreten, wie er das bei einem Kind hier beobachtet hatte.

Schließlich verwandeln die Gäste die Aula in ein traditionelles indianisches Rundhaus – in Gedanken versteht sich – und beginnen mit Gesängen und Tänzen. Cathy White Eagle weist ausdrücklich darauf hin, daß dies nicht Show und Unterhaltung sei, aber die deutschen SchülerInnen sind auch so von der indianischen Zeremonie beeindruckt.

„Der Gedanke, Respekt vor allen Menschen zu haben, hat mich am meisten fasziniert“, sagt die 14jährige Schülerin Merle. Und ihr Mitschüler Dennis war verwundert, daß die Indianer „anscheinend gar nicht wütend sind auf die Leute, die sie aus ihrer Heimat vertrieben haben“.

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