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Europaschulen stehen vor dem Kollaps

■ Auslaufende Verträge, ungleiche Bezahlung und unausgereifte Konzeption

Berlin spart im Schulbereich. Fast 5.000 Lehrerstellen sollen gestrichen werden. Die Klassenfrequenzen steigen. Für Bücher fehlt Geld, und 1.300 mit Zeitverträgen beschäftigten Lehrkräften droht die Arbeitslosigkeit. Unter solchen Umständen lassen sich anspruchsvolle Konzepte nur schwer entwicklen. Und so darbt auch Berlins „bildungspolitische Antwort auf ein zusammenwachsendes Europa“, die staatliche Europaschule, an fehlenden Mitteln und fehlenden Konzepten. Uber die Perspektive des „Prestigeobjekts“ Europaschule diskutierten am Dienstag abend Lehrer, Eltern, Poltiker und GEW-Vertreter.

„Die Berliner Schullandschaft ist geprägt durch Vielfalt, Toleranz, Weltoffenheit und Gastfreundschaft“, steht im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD. Vor allem am Punkt „Gastfreundschaft“ hatten ausländische Lehrkräft der Europaschule Kritik. Sie fühlen sich diskriminiert. Erstens haben die meisten befristete Verträge, deren Nichtverlängerung sie befürchten. Damit aber ist der muttersprachliche Untericht gefährdet. Gerade darauf baut das bikulturelle Konzept der Grundschulen, wo Kinder schon in der Vorklasse zweisprachig von muttersprachlichen LehrerInnen unterrichtet werden.

Zweitens wird an den ausländischen LehrerInnen immer schon gespart. Obwohl alle eine Lehrerausbildung in ihrem Heimatland abgeschlossen haben und die gleiche Arbeit leisten, verdienen sie 2.000 bis 3.000 Mark brutto weniger als ihre deutschen Kollegen. „Berlin will sich als europäische Metropole profilieren, dann darf es aber die ausländischen Lehrer nicht zu Lehrkräften zweiter Klasse degradieren, die zum Billigtarif arbeiten sollen“, so der GEW- Vorsitzende Erhard Laube.

Nach europäischem Recht müssen die Mitgliedsstaaten sicherstellen, daß die akademischen Abschlüsse gegenseitig anerkannt werden. Die Anerkennung andere Abschlüsse wird in Berlin allerdings durch bürokratische Spitzfindigkeiten kompliziert. Die GEW hat sich an die europäische Kommission gewandt. Diese klagt nun in mehreren Fällen gegen die Diskriminierung ausländischer Lehrer an Berliner Schulen vor dem Europäischen Gerichtshof.

Die ausländischen Lehrer seien in Berlin immer noch besser gestellt als in anderen Bundersländern, meinte dagegen Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD). Den nachdrücklichen Fragen, ob die Fristverträge der ausländischen Lehrer verlängert werden, wich Stahmer aus: „Der Lehrerbedarf an Europaschulen hat oberste Priorität.“

Exschulsenatorin Sybille Volkholz (Bündnis 90/ Die Grünen) kritisierte grundsätzlich, ausländischen LehrerInnen nur befristete Verträge statt einer Festanstellung zu geben. Statt Einsparungen im Schulbereich forderte sie, das Haushaltsdefizit mit Einsparung im Polizei- und Baubereich zu kompensieren. Selbstkritisch gab sie zu, daß für das Projekt Europaschule mehr politische Aufmerksamkeit nötig gewesen wäre.

„Man spricht von Europa und zählt Erbsen“, meinte Elke Brauns von der PDS. Eine politische Lobby hatte diese Projekt bislang kaum. Häufig als elitär oder privilegiert bezeichnet, wurden die inzwischen 10 Grundschulen mehr oder weniger sich selbst überlassen. Es fehlt an einer Gesamtkonzeption und an einer Weiterführung des Modellversuchs in den Grundschulen für die Sekundarstufe.

Eine Schlitterpartie für die zirka 2.000 SchülerInnen dieser Schulen. „Sie sind Versuchskannichen eines unausgereiften Konzepts“, so ein Elternvertreter. Der Ganztagsunterricht, eine Voraussetzung für die erfolgreich Umsetzung der Konzeption, sei nirgends wirklich gesichert. ErzieherInnenstellen laufen aus, und Eltern müßten die Lücken stopfen. Auch finanziell. Die Schulen, die bislang von allen Schichten genutzt werden können, sind dadurch nachhaltig gefährdet. Ein rigoroser Sparkurs kann das „Prestigeobjekt“ damit in der Tat zur privaten Elitschule ausgrenzen. Edith Kresta

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