: Mit HipHop auf Sponsorenfang
■ HTHC schlägt Alster mit 10:8 und wartet weiter auf den Hockeyboom Von Clemens Gerlach
So etwas war bei einem Hockeyspiel undenkbar. Eine abgedunkelte Halle, ein roter Spot, der die Spieler anvisiert, während sie aufs Feld laufen und einzeln vorgestellt werden. Dazu laut Musik, die auch während des Derbys zwischen dem HTHC und Alster (10:8 – die Rangfolge blieb also gewahrt) am Mittwoch abend choreographisches Element bleiben sollte. Vom Basketball oder Boxen kannte man eine solche Präsentation – doch vom Hockey?
Andere Sportarten haben das nobel-dezente Ballspiel längst überrundet. Dessen Image ist noch immer das eines nischenhaften Elitensports, eines, das sich zur größeren Vermarktung nicht entfernt so gut eignet wie der aufgedunsene Joschka Fischer als Du darfst-Werbepartner. Und auf den hockeyspielenden Bürgermeister Henning Voscherau als trendsetterige Identifikationsfigur zu setzen scheint gleichfalls wenig erfolgversprechend. Dann doch lieber HipHop und Hallenzauber, der sich aber erst noch einstellen muß. Beim Hamburger Prestigeduell nämlich war die Pre-Game-Show eine zähe Angelegenheit – so wie es oftmals ist, wenn ausprobiert wird. Sollte das der Neuanfang für den Sport sein, in dem die Hansestadt mit 7.000 Aktiven und zwei Männer- und vier Frauen-Bundesligamannschaften die derzeitige deutsche Hochburg ist?
Für Hamburgs Vorzeige-Spieler, Christian Büdi Blunck vom Harvestehuder THC, war die Verlegung des Derbys in die Wandsbeker Sporthalle nicht mehr als ein „Versuch“. Einer, der von der Zuschauerresonanz her als geglückt bezeichnet werden kann: 1.800 Zuschauer ließen das Spiel zum bestbesuchten Derby seit Jahren werden. Dennoch macht sich der WM-Teilnehmer keine Illusionen, daß es noch Jahre dauern wird, bis professionelle Strukturen vorhanden sein werden. „Als Spieler werde ich davon nicht mehr profitieren“, ist sich der 26jährige sicher.
Selbst ein Olympiasieger wie er kann nicht allein vom Sport leben. Da wird vom Verein schon mal eine Wohnung oder ein Studienplatz besorgt, aber außer Aufwandsentschädigungen gibt es keine weiteren Zahlungen. Woher sollte das Geld auch kommen, fehlen doch Sponsoren, die sich im größeren Rahmen engagieren. Das ist auch beim HTHC so, obwohl der amtierende Hallenmeister und Feldzweite derzeit vier A- und zwei B-Nationalspieler in seinen Reihen hat – so viele wie kein anderer Bundesligaclub. Auch in dieser Saison steht die Mannschaft von Erfolgs-Trainer Jost Miltkau schon wieder an der Tabellenspitze. Die Sponsorensuche gestaltet sich dennoch schwierig, was wenn Erfolge ausbleiben – wie in den letzten Jahren bei Alster – leicht zu einem hoffnungslosen Unterfangen werden kann. Ein Nachteil ist das komplizierte Regelwerk, welches den Sport für (TV-)Zuschauer nicht attraktiv macht. Außenstehende, von denen am Mittwoch einige wenige gekommen waren, verlieren schnell den Überblick.
Dabei ist zumindest Hallenhockey ein tempo- und torreiches Spiel, das durchaus zum Indoor-Spektakel taugen würde. Problematisch nur, daß es außer in Deutschland sonst nicht intensiv betrieben wird. „Wir haben in Europa keine echte Konkurrenz“, weiß Blunck. Doch ohne internationale Vermarktungschancen ruft dies bei potentiellen Geldgebern einzig Achselzucken hervor. Sie winken auch deshalb ab, weil es an Kontinuität fehlt, an Konzepten für die Zukunft, die für einen Imagewechsel sorgen könnten. Vieles ist Stückwerk, Chancen wurden verpaßt.
So blieb die Hallenendrunde mit 5.000 Zuschauern 1994 in Hamburg ein isoliertes Ereignis, an das mit dem Mittwochspiel angeknüpft werden sollte. Doch schon für das Rückspiel am 10. Februar stehen die Organisatoren unter Druck. „Die müssen in vier Wochen etwas Neues bringen“, glaubt Blunck. Allein mit „We will rock you“ und ähnlichem ist auf Dauer der Durchbruch nämlich nicht zu schaffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen