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Mehr als altes Eisen

■ Aus der Arbeitsgeschichte: Von Schuten, Ewerführern und Nachwuchsmangel auf Museumsschiffen Von H. Schiff

Eine Schute – das muß man Quiddjes wohl verklaren – ist eine Art flaches Binnenschiff ohne Motor, das hauptsächlich mit Peekhaken von Hand bewegt, über große Strecken aber vom Schlepper gezogen wird. Unersetzlich bei den Transporten aller Waren vom Schiff zum Speicher und von Kohlen zum Gaswerk, über die Alster zu Kampnagel oder anderen Industrien in Barmbek, waren die Schuten das wesentliche Hafentransportmittel in Zeiten vor LKW und Container.

Für seine 83 Jahre alte Kastenschute hat das Museum der Arbeit jetzt eine neue Ausstellung entwickelt. Im Laderaum der 1913 auf einer Werft an der Bille gebauten Schute H 11 347 wird mit Objekten und Schautafeln an den historischen Arbeitsalltag im Hafen erinnert. Besser noch läßt man sich von den meist anwesenden Ewerführern von damals erzählen. Sie sind die Fachleute für den Umgang mit Schuten. Ewerführer, einst ein hochangesehener Beruf, hatten viele Aufgaben: Ihnen oblag der gesamte Transport, sie übernahmen und kontrollierten die Ware eigenverantwortlich. Nicht nur um das Schiff und kleinere Reparaturen mußten sie sich kümmern, auch um die korrekten Begleitpapiere und die Verzollung der Ladung samt Probeentnahme. Und natürlich gab es Tricks, den eigenen Lebensstandard durch private „Proben“ aufzubessern.

Doch der Ewerführer war auch einfach Arbeiter: 4200 Sack Reis zu 100 Kilo in einer Schicht mit vier Mann oder 40- bis 50.000 Rinderhäute: Von 7 bis 15.30 Uhr wurden bis zu 220 Tonnen Ladung bewegt, ab 150 Tonnen gab es fünf Mark Zulage. Viele Ewerführer verließen ihre Fahrzeuge auch nicht nach Feierabend und wohnten unter der Woche in einer winzigen, unkomfortablen Kajüte im Bug, nach den Weltkriegen oft auch auf Dauer und mit der ganzen Familie.

Oskar Kies, geboren im Baujahr der Schute, begann seine Lehre 1928 mit 15 Jahren. Wenn er von seiner Lehrzeit erzählt, die kaum einen freien Tag und keinen Urlaub vorsah, muß man einsehen, daß der weitgehende Verlust ganzer Arbeits- bereiche nicht nur ein Nachteil ist.

Wenngleich heute nicht mehr als 500 Schuten im Dienst sind und der weitgehenden Containerisierung des Umschlags zum Trotz, werden seit 1992 wieder Ewerführer ausgebildet. Heute fassen die Schuten Lasten von 400 bis 2000 Tonnen. Noch immer wird darin Schüttgut, Großkollies und in Tankschuten Öle transportiert. Heute bewegen die Ewerführer pro Schicht mit weitgehend mechanisierter Arbeit mehr als das Doppelte als früher.

Die im Projekt Museumsschute engagierten jungen Ewerführer sind die Ausnahme. Meist findet sich für die von älteren Fachleuten ehrenamtlich instandgesetzten, unterhaltenen und präsentierten Museumsschiffe des Museums der Arbeit, des Museums für Hamburgische Geschichte und diverser Vereine kein interessierter Nachwuchs zur freiwilligen Mitarbeit mehr. Es liegt im einzigartigen Konzept des Museums der Arbeit, die verschiedenen historischen Schiffe oder den Schwimm-Dampfkran „Saatsee“, der auf Dauer in Neumühlen ankert, als lebendige Geschichte in Betrieb zu zeigen. Doch leider drohen irgendwann mit den Arbeitsveteranen auch die Detailkenntnisse auszusterben, die ein Spezialschiff zu mehr als einem interessanten Haufen alten Eisens machen.

Besichtigung: heute und morgen, 11 bis 17 Uhr, Övelgönne; Juni bis Oktober jeden ersten Sonntag im Monat, Nicolai-fleet, Pontonzugang Deichstraße.

Das diesjährige Schutenrennen findet erst am 12. September statt.

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