: Schaukelstuhl – mit und ohne Airbag
■ Die private Altersvorsorge ist im Kommen – und damit neue Ungerechtigkeit: Denn was sollen diejenigen tun, die so arm sind, daß sie nicht sparen können?
Eine neue Rentenformel droht. Und heftige Rentenabschläge für jene, die künftig vor dem 65. Geburtstag in den Ruhestand gehen werden. Kein Wunder, daß die Politik jetzt wieder heftig für die private Vorsorge wirbt, unisono mit den Versicherungsunternehmen. „Die gesetzliche Rente kann nur eine der drei Säulen in der Altersvorsorge sein. Die anderen Säulen müssen die Betriebsrenten und das private Vermögen bilden“, betont auch Winfried Harms, Sprecher der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte.
Nicht mal die Hälfte der ArbeitnehmerInnen (West) kann heute allerdings mit einer Betriebsrente rechnen. Bleibt nur die private Vermögensbildung, und das in einer Zeit, in der die Realeinkommen sinken. Ganz oben auf der Hitliste der Finanzvorsorge stehen Lebensversicherungen, die laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes von zwei Dritteln der Befragten abgeschlossen wurden. Kapital-Lebensversicherungen lohnen sich aber nur, wenn die lange Laufzeit eingehalten wird.
Viele Gutverdiener erhoffen sich außerdem Sicherheit durch den Kauf einer Immobilie. Im Westen verfügen 42 Prozent der Haushalte über einen Bausparvertrag (Osten: 34 Prozent). Immerhin fast die Hälfte der West-Haushalte und mehr als ein Viertel der Ost-Haushalte leben schon im eigenen Heim – und stottern meist mühsam die Schulden ab. 46 Prozent der westdeutschen Haushalte (Osten: 37 Prozent) besitzen sogar Wertpapiere wie Schatzbriefe und Aktien.
Bleibt die Frage, was mit jenen wird, die nichts ansparen können. Ein Drittel der westdeutschen Haushalte (Osten: die Hälfte) verfügt nämlich nur über ein Nettogeldvermögen von unter 15.000 Mark. 11 Prozent (Osten: 16 Prozent) besitzen sogar weniger als 2.500 Mark oder haben Schulden. Ihnen droht Altersarmut.
Jüngere männliche Gutverdiener, die sich heute über die hohen Beiträge für die Rente beklagen, könnten sich zwar tatsächlich rein rechnerisch besserstellen, wenn sie ihre 45 Jahre lang zu zahlenden Beiträge zur Bank brächten. Bei dieser Rechnung bleibt allerdings die „soziale Komponente“ des Rentensystems außen vor. Denn die Rentenversicherung finanziert auch die Beiträge für nichtarbeitende Mütter und Erwerbslose mit. Ohne diese Regelung würde die unbezahlte Arbeit in der Familie künftig noch weniger honoriert.
Ein Computerfachmann hat unlängst auf Ausstieg aus der gesetzlichen Rentenversicherung geklagt. Der Angestellte hatte auf dem Schutz seiner Beiträge als sein Geldeigentum bestanden. Er monierte außerdem die Ungleichbehandlung gegenüber Selbständigen, die keine Abgaben entrichten müssen. Die Klage wurde vom Landessozialgericht Düsseldorf abgeschmettert. Barbara Dribbusch
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