Industrie sieht Silberstreif am Fliegerhimmel

■ Auch 1997 weiter Stellenabbau, doch 1998 soll er stoppen – dank Staatsknete

Berlin (taz) – Pünktlich zur Luftfahrtmesse ILA 1996 kündigt der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) an, daß die Branche die Zahl ihrer Arbeitsplätze bis 1997 weiter reduziert. Der jährliche Abbau verlangsame sich aber und komme 1998 vermutlich zum Stillstand, erklärte BDLI-Sprecher Michael Hauger. Rund 55.000 Menschen seien dann noch beschäftigt. 1990, im Jahr der höchsten Beschäftigung, waren es 95.000. Zwei Drittel arbeiten bei der Daimler Benz Aerospace AG (Dasa). Im Rahmen seines radikalen Sparprogramms „Dolores“ („Schmerzen“) wollte der Konzern die Beschäftigten ursprünglich bis auf 25.000 im Jahre 1999 verringern. Stimmt die Prognose des BDLI, könnte der Stellenabbau deutlich geringer ausfallen.

„Drei positive Entwicklungen“ macht BDLI-Sprecher Hauger verantwortlich für den Silberstreif am Fliegerhimmel. Nach „traurigen Jahren“, in denen der Etat der Bundeswehr permanent schrumpfte, wolle Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) wieder mehr Geld in Kriegsgerät investieren. 180 Exemplare des Kampfjets „Eurofighter 2000“ werden, vorsichtig gerechnet, 30 zusätzliche Milliarden in die Kassen des europäischen Herstellerkonsortiums spülen. Ein Drittel davon geht an die Dasa.

Zweitens hofft man auf die Umsetzung des europäischen Raumfahrtprogramms. Nach vielen Querelen und Sparversuchen hatten die europäischen Minister im vergangenen Herbst den Bau der Internationalen Raumstation (ISS) und der Transportrakete Ariane 5 beschlossen. Teile der ISS werden in den Werkhallen der Dasa in Bremen montiert.

Drittens gingen für Verkehrsflugzeuge der Airbus-Reihe, an deren Produktion die Dasa mit 38 Prozent beteiligt ist, im ersten Quartal 1996 mehr Bestellungen ein als im gesamten Jahr 1995. Die Flaute, verursacht durch den ruinösen Preiskampf, sei damit zu Ende, hofft der BDLI.

Ferner rechnen Europas Flugzeugbauer mit staatlichen Milliarden-Subventionen für die Entwicklung des Airbus-Großraumflugzeugs „A 3XX“ mit 500 Plätzen. Angesichts von mehr als 10 Milliarden Mark Forschungskosten will man neue Partner suchen, die bislang nicht im Konsortium vertreten sind. Dasa-Chef Manfred Bischoff brachte auch russische Unternehmen ins Gespräch.

Eins ist aber schon klar: Sollte der Airbus A 3XX wie geplant auf den Weg gebracht werden, geht das nicht ohne Subventionen. Das könnte die entscheidende Vorgabe der deutschen Luftfahrtpolitik zum Scheitern bringen. Mit der Fusion des Monopolisten Dasa aus den kleinen Vorgängerunternehmen wollte die Bundesregierung das deutsche Luftfahrtgewerbe endlich ohne staatliche Alimentierung überlebensfähig machen. Nie mehr staatliche Förderung, lautete die Devise. Doch für die Entwicklung des Superairbusses müßte der Bund ein neues Subventions-Faß aufmachen, dessen Boden noch nicht erkennbar ist. 8 Milliarden Mark an Steuergeldern hat das Airbus-Programm bislang verschlungen.

Albert Schmidt, luftfahrtpolitischer Sprecher der Bündnisgrünen, hält diese Richtung für grundfalsch. Die Bundesregierung solle lieber die politischen Rahmenbedingungen verändern und etwa eine Kerosinsteuer einführen. Das werde den Konzern motivieren, treibstoffsparende Triebwerke zu entwickeln. Mit derartigen neuen Produkten könne die Dasa eigenständig überleben, ohne Subventionen zu benötigen. Hannes Koch