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Totgesagte fliegen länger

Auf der ILA dreht der Eurofighter erstmals öffentlich die Runde. Rühe will nun doch den 200 Millionen Mark teuren Jagdbomber kaufen  ■ Von Hannes Koch

Berlin (taz) – In ganz Berlin und Brandenburg prangt auf großen Plakaten der Satz von den Wänden: „Am besten ist der Düsenjeger.“ Die krakelige Kinderhandschrift soll die „Faszination des Fliegens symbolisieren“ – ein Gefühl, das die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung 1996 (ILA) beim Publikum erzeugen will. Zum dritten Mal startet morgen auf dem Flughafen Berlin- Schönefeld die mittlerweile drittgrößte Flugzeugmesse der Welt. „Supa Flukzeuge“ (Plakattext) kann man am Boden und in der Luft beobachten, darunter auch die umstrittene Kriegsmaschine „Eurofighter 2000“. Der Jagdbomber soll erstmals im Fluge der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Für das Herstellerkonsortium aus Briten, Italienern, Spaniern und der deutschen Daimler Benz Aerospace (Dasa) markiert der Flug des Eurofighter-Prototyps einen Durchbruch. Noch 1992 sah es schlecht aus für den Flieger: Damals wäre der Flieger (unter dem Namen „Jäger 90“) beinahe abgestürzt, denn mit dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes war den Militärs der Einsatzzweck des Jägers abhanden gekommen. Und Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) schlug wegen des hohen Preises von 134 Millionen Mark pro Stück die Hände über dem Kopf zusammen. „Der Jäger 90 ist tot“, sagte Rühe damals.

Jetzt sieht alles ganz anders aus. Der Stückpreis steigt in Richtung 200 Millionen, doch Rühe will ihn plötzlich trotzdem. Jahrelang hatte ihm die Dasa in den Ohren gehangen: 10.000 Arbeitsplätze seien im Konzern gefährdet und noch einmal 10.000 in der Zulieferindustrie, wenn der Bombenflieger nicht hergestellt werde – Zahlen, die KritikerInnen für weit überhöht halten.

Rühe will 180 Eurofighter ab dem Jahr 2002 kaufen

Doch die „wahnsinnige Lobbyarbeit“, so der bündnisgrüne Luftfahrtspezialist Albert Schmidt, zeigte Wirkung: 180 Maschinen will Rühe ab dem Jahr 2002 kaufen. Mittlerweile stehen die Bundestagsabgeordneten von CDU und FDP sowie viele SPDlerInnen hinter dem Projekt. Doch noch fehlt die Entscheidung des Bundestages über den Beschaffungsauftrag. Im Laufe diesen Jahres soll die Vorlage ins Parlament eingebracht werden. Mit der öffentlichen Präsentation will die Dasa weiter für den Eurofighter Stimmung machen: ILA-BesucherInnen sind halt WählerInnen.

Die ILA, die nun zum dritten Mal bei Berlin stattfindet, ist vor allem eine zivile Veranstaltung. Von 252 ausgestellten Flugobjekten sind nur 29 militärischer Art. Das Rahmenprogramm enthält 50 Kongresse und Seminare, die sich überwiegend mit Verkehrstechnik beschäftigen. Generäle und Rüstungsmanager treffen sich lediglich zu einem knappen Dutzend Meetings. Mit 574 Ausstellern aus 28 Staaten hat sich die Show dieses Jahr international auf den dritten Rang vorgearbeitet, ungefähr gleichauf mit Farnborough in Großbritannien. Nur die Flugzeugmessen von Singapur (900 Aussteller) und Le Bourget bei Paris (1.500) sind größer. Der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) und die Messe Berlin als Veranstalter rechnen mit 150.000 BesucherInnen. Bei der vergangenen ILA 1994 war der Zuspruch der Aussteller wesentlich geringer: Nur 422 Firmen und Organisationen waren gekommen. Michael Hauger, Sprecher des BDLI, führt die damalige Enthaltsamkeit auf das Fehlen der Dasa zurück. Der größte deutsche Luftfahrtkonzern hatte, um Kosten zu sparen, auf einen Messestand verzichtet. Wenn hingegen die Dasa sich – wie in diesem Jahr – beteilige, ziehe das auch andere international bedeutsame Firmen nach, so Hauger.

Ein Indiz für die gestärkte Position der Dasa und die größeren Chancen des Eurofighter-Programms ist am Protokoll abzulesen. Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) wird die diesjährige Messe eröffnen und damit auch indirekt dem Eurofighter seine Referenz erweisen. 1992 hatte er genau das nicht getan – weil die Dasa auf ihrem Stand ein Modell des Jäger 90 ausstellte.

ILA 96: 13.–19.5., 10–18.00 Uhr, Flugplatz Berlin-Schönefeld

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