Ein Gespenst namens Erich H.

■ Der ehemalige Staats- und Parteichef der DDR, Erich Honecker, ist bekanntlich tot. Für 1.500 Mark aber erscheint er auf Parties. Denn eine Agentur vermittelt Erich-Doppelgänger

„Erich hatte dieses Jahr zum 1. Mai wieder alle Hände voll zu tun. Sogar eine Kampfansprache mußte er schreiben. Es riefen so viele Interessenten an, daß ich händeringend nach weiteren Honecker-Doppelgängern gesucht habe. Vielleicht melden sich bis zum nächsten Mai noch einige“, hofft Rosemarie Fieting.

Das Double des früheren DDR- Staats- und Parteichefs sei heute willkommener Gast auf Parties, in Diskotheken und eben Fernsehshows, sagt die Inhaberin der ersten lizensierten internationalen Doppelgänger-Agentur, die vor acht Jahren in Berlin gegründet wurde. Unter 1.500 Mark sei er nicht zu haben. Noch mehr kostet Gorbatschow, der in der Schweiz wohnt und russisch spricht. „Einheitspreise habe ich jedoch nicht. Es kommt immer darauf an, zu welchem Anlaß ein Doppelgänger gebucht wird und welche Anforderungen an ihn gerichtet werden. Ein Honecker, der den ,echten Tonfall‘ hat und die Faust zum Kampfgruß ballt, ist einfach auch teurer.“

Als Fieting zwölf Jahre alt war, sagte man ihr, daß sie Augen wie Liz Taylor habe. „Erst viel später kam ich auf die Idee, als Double der Schauspielerin aufzutreten.“ Aber sie habe nicht nur mit der Taylor Äußerlichkeiten gemeinsam, sondern trete auch gerne als Joan Collins auf. Wie das „Denver- Biest“ hat auch sie eine Leidenschaft für Hüte jeder Art entwickelt. Insgesamt besitzt sie etwa 140 Stück. Die Agenturchefin betreut ihre 1.500 „Stars“, die auch teilweise aus dem Ausland kommen, persönlich. Sie hilft ihnen, sich auf ihre Rolle einzustellen. „Jeder Augenaufschlag muß stimmen. Ein weißes, enges T-Shirt, Jeans und launischer Blick machen noch lange keinen James Dean aus Moritz Müller.“ Die Doppelgänger müssen sich auf ihren Auftritt vorbereiten wie Schauspieler. Manchmal ist aber auch mit sehr viel Übung nichts zu machen. Von 15 bis 20 Bewerbungen, die monatlich in der Agentur eintreffen, seien oft nur drei brauchbar.

Problematisch werde es, wenn ihre Doubles Starallüren entwickelten und sich mit ihrer Rolle zu sehr identifizierten. „Mich traf fast der Schlag, als ich die Hotelrechnung der ,Queen‘ bekam. Sie war für eine Fernsehsendung mehrere Tage in der Stadt. Das gebuchte Hotel war ihr nicht gut genug, und sie zog kurzerhand in eine ,standesgemäße‘ Herberge um. Für diese Kosten kann ich natürlich nicht aufkommen.“ Beim nächsten Mal setzte sie kurzerhand eine andere britische Königin ein. Andrea Köhler, dpa