„Wir haben die Faxe dicke“

■ Keiner will die Verantwortung fürs „Haus der Familie“ übernehmen

„Wir hier im Stadtteil haben so die Faxen dicke von diesem Stellen-Hickhack. Es wird eingestellt, dann wieder nicht eingestellt, und die Sozialbehörde nimmt in Kauf, daß die Einrichtung geschlossen wird.“ Gabi-Grete Kellerhoff vom Arbeitslosenzentrum Tenever bringt die Situation auf den Punkt.

Die Gemüter bei der Podiumsdiskussion im „Haus der Familie“ in Tenever sind erhitzt, der kleine Raum im Erdgeschoß einer typischen Tenever Hochhauswohnung ist bis auf den letzten Platz besetzt. „Wieder einmal wird bei den Schwächsten gespart“, ruft ein Mann aus dem Publikum. Und die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Inge Reichert fügt hinzu: „Lieber sollte man jetzt für die fehlenden Stellen Geld investieren, anstatt hinterher die Folgen im sozialen Bereich auszubessern.“

Das „Haus der Familie“ ist seit 15 Jahren ein wichtiger Treffpunkt für die BewohnerInnen des sozial benachteiligten Stadtteils. Viele ausländische Frauen und Mädchen gehen hier ihren Aktivitäten nach. „Als Ausländerinnen fühlen wir uns diskriminiert“, entrüsten sich die türkische Lehrerin Öznur Ulukök und Soheyla Dehmandi aus dem Iran.

Von Montag bis Mittwoch hatten mehrere Frauen und Männer das „Haus der Familie“ besetzt, um gegen die drohende Schließung zu protestieren. Für die vielfältigen Aktivitäten der Einrichtung steht zur Zeit nur eine einzige Halbtagskraft zur Verfügung. „Ein unhaltbarer Zustand, der sich nicht mehr länger aufrechterhalten läßt“, beschweren sich die NutzerInnen. Seitdem der Arbeitsvertrag von Birgitt Pfeiffer Ende Januar abgelaufen ist und eine weitere Kollegin gekündigt hat, verschleppt das für die Einstellung verantwortliche Amt für Soziale Dienste das Ausschreibungsverfahren.

Die TeneverInnen wollen von den Verantwortlichen nun endlich Klartext hören. Die beiden einzigen Vertreterinnen der „offiziellen Seite“, SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Edith Wangenheim und Sabine Hebenstreit-Müller, Leiterin des Amtes für Soziale Dienste-Ost, schieben sich jedoch gegenseitig den schwarzen Peter zu. „Die Politik hat schon seit langem beschlossen, daß etwas passieren soll, die Verwaltung hat dies aber nicht umgesetzt“, wirft Edith Wangenheim dem Amt vor. „Uns sind die Hände gebunden. Wir kommen an dem Einstellungsstopp, den die Politik verhängt hat, nicht vorbei.“ gibt Sabine Hebenstreit-Müller zurück.

Bürokratischer Schwerfälligkeit ist es zu verdanken, daß die beiden Stellen bis heute nicht besetzt sind. Birgitt Pfeiffer, die sich als einzige Kandidatin auf die ressortintern ausgeschriebene halbe Stelle beworben hat, kann als „Externe“ nicht eingestellt werden. Für die andere Stelle war eine Mitarbeiterin aus dem Zentralkrankenhaus-Ost ausgewählt worden. Amtsleitung und Personalrat hatten der Einstellung bereits zugestimmt, da stellte sich die Senatskommission für Personalwesen (SKP) quer. Begründung: Die Kollegin sei in einem Eigenbetrieb beschäftigt und falle so aus dem BewerberInnenkreis heraus. Mit Unterstützung der Gewerkschaft entschied sich die Frau, gegen diese Entscheidung zu klagen. Onno Dannenberg von der ÖTV-Bezirksstelle: „Im Eigenbetriebsgesetz ist ausdrücklich festgehalten, daß die Beschäftigten weiterhin Angehörige der Stadtgemeinde sind. Das heißt, daß die Verhinderung der Einstellung rechtlich unzulässig ist.“ Damit es nicht zur Klage kommt, hat das Amt für soziale Dienste die Stellenausschreibung einstweilen ausgesetzt.

Was soll nun passieren, damit das Haus erhalten bleibt? Hebenstreit-Müller: „Es wird jemand abgeordnet, freiwillig oder nicht.“ Die NutzerInnen vom „Haus der Familie“ gaben sich mit dieser trüben Aussicht nicht zufrieden. „Auch wenn wir die Besetzung am Mittwochnachmittag gemeinsam beendet haben, kämpfen wir weiter“, erklären sie übereinstimmend. ick