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■ Spaniens neue Regierung will nichts mehr von GAL wissenIn den Spuren von Felipe González

Wer darauf hoffte, daß nach dem Regierungswechsel die Aufklärung des Staatsterrorismus der GAL in den achtziger Jahren beschleunigt würde, sieht sich leider enttäuscht. Die neue Regierung des Konservativen José Maria Aznar scheint gewillt, da weiterzumachen, wo sein Vorgänger Felipe González aufgehört hat.

Trotz neuer Anschuldigungen durch den ehemaligen Guardia-Civil-Chef Luis Roldan gegen die Kaserne im baskischen Intxaurrondo bleibt ihr ehemaliger Kommandeur Enrique Rodriguez Galindo im Amt. Als General gehört er dem Beraterstab des Innenministeriums an. Juan Alberto Belloch, letzter Innenminister der Regierung González, hatte ihn berufen. Der neue Mann im Innenministerium, Jaime Mayor Oreja, hält es nicht für nötig, ihn zu entlassen.

Ermittlungsrichter Baltasar Garzón hoffte nach dem Regierungswechsel auf die Öffnung der Archive des militärischen Abschirmdienstes Cesid. Dort vermutet er wichtige Unterlagen, die helfen sollen, die Verantwortungen in Sachen GAL zu klären. Bisher vergebens. Jetzt hat er ganz förmlich einen 41seitigen Antrag gestellt. Vizepräsident Alvárez Casco respektiert das Anliegen, wie er sagt, will aber dem Kadi nicht allzu viele Hoffnungen machen, denn die Staatssicherheit stehe höher als die Begehren der Justiz. Ein Satz, den Garzón schon von der Regierung González zu hören bekam.

Die Vereinigte Linken (IU) erinnert sich dieser Tage an den gescheiterten Versuch, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß zum Thema ins Leben zu rufen. Obwohl Aznars Partido Popular (PP) mitstimmte, reichte es nicht. Die Mehrheiten im Parlament haben sich jetzt geändert. Die IU wirbt für einen erneuten Anlauf. Vergebens. Die PP will davon nichts mehr wissen und kündigt an, diesmal gemeinsam mit den Sozialisten gegen einen GAL-Ausschuß zu stimmen.

Nach den Wahlen und dem Regierungswechsel ist in Spanien wieder die Staatsräson eingezogen. Und die scheint nun einmal vom Kampf gegen ETA um jeden Preis und vom Schutz der staatlichen Sicherheitskräfte, egal wie, auszugehen. Daß eine Verschleppung der Ermittlungen vor allem im Baskenland unnötig die Mythen vom faschistischen Zentralstaat am Leben erhält, scheint niemanden zu interessieren. Spanien ist auf dem besten Wege, eine Chance zur – in Europa einmaligen – demokratischen Selbstreinigung zu verschenken. Eigentlich schade, auch wenn es absehbar war. Reiner Wandler, Madrid

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