: Wort-Export aus Dänemark
■ Weil Neonazi Gary Lauck in Hamburg vor Gericht schweigt, werden Aussagen aus dem Auslieferungsverfahren herangezogen
Dürfen die Aussagen, die der US-amerikanische Neonazi Gary Rex Lauck im Rahmen seines Auslieferungsverfahrens nach Deutschland in Roskilde machte, vor dem Hamburger Oberlandesgericht verwertet werden? Laucks Verteidiger Hans-Otto Sieg wehrt sich entschieden: Sein Mandant sei von dem dänischen Gericht nicht über die Möglichkeit belehrt worden, die Aussage zu verweigern.
Zudem entsprächen die verfaßten Gerichtsprotokolle nicht deutschen Prozeß-Formalitäten, und die Aussagen Laucks hätten durch Doppel-Übersetzung vom Englischen ins Dänische und von da ins Deutsche womöglich die Qualität von „stiller Post“.
Daß die dänischen Vernehmungsprotokolle Sieg nicht ins Verfahrenskonzept passen, kann nicht verwundern.
Während Lauck in Roskilde freimütig über seine Rolle in der von ihm gegründeten NSDAP/AO und bei der internationalen Verteilung der braunen Hetzschrift „NS-Kampfruf“ plauderte, hat Sieg seinem Mandanten angeraten, vor dem Hamburger Landgericht keine Angaben zu den Aussagevorwürfen zu machen. Hier schweigt der Angeklagte, der sich unter anderem wegen Volksverhetzung und der Verbreitung von Schriften, „die zum Rassenhaß aufstacheln“, verantworten muß, seit Prozeßbeginn.
Da Richter Günter Bertram die Verlesung der Gerichtsprotokolle zunächst zuließ und erst zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden will, ob sie bei der Urteilsfindung auch verwertet werden dürfen, kamen Laucks Aussagen gestern auf den Tisch. In diesen hatte er bestätigt, daß „seine Organisation“ für die Herausgabe und internationale Verteilung der „NS-Kampfrufe“ verantwortlich seien.
Er selbst habe die Aufgabe gehabt, die in kleinen „Zellen organisierten“ deutschen NSDAP/AO-Mitglieder mit Propagandamaterial zu versorgen. Das Fern-Ziel seiner Aktivitäten sei dabei „auf demokratischem Wege“ eine „nationalsozialistische Ordnung auf rassistischer Grundlage im großdeutschen Reich und der gesamten arischen Welt“ zu etablieren.
Marco Carini
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