Abgeschoben und „verschwunden“

■ Trotz aller Warnungen von Menschenrechtsgruppen wurde der Oppositionelle N. Kabuiko nach Zaire abgeschoben

Frankfurt/Main (taz) – Ein Anfang April nach Zaire abgeschobener Flüchtling, der nach Angaben des Auswärtigen Amtes (AA) am Flughafen von Kinshasa „von Sicherheitskräften“ in Empfang genommen wurde, ist seitdem verschwunden. Weil es sich bei dem abgelehnten und dann abgeschobenen Asylbewerber N. Kabuiko aus Zaire um einen Sekretär der Exil-Oppositionspartei „Union für Demokratie und sozialen Fortschritt“ (UDPS) handelt, fürchten Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international (ai) inzwischen um sein Leben.

Nach Angaben von amnesty werden Mitglieder der UDPS in Zaire systematisch verfolgt. So sei der Mitbegründer der UDPS, der Journalist Adolphe Kavula, 1994 „zu Tode gefoltert“ worden.

Auch ein Verwaltungsrichter in Frankfurt, der mit Asylverfahren befaßt ist, erklärte gegenüber der taz, daß in Zaire ein „Menschenfresserregime“ herrsche. Und das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) warnte in verschiedenen Gutachten für Verwaltungsgerichte davor, Angehörige der Opposition nach Zaire zurückzuschieben: wegen deren besonderer Gefährdung.

Das Auswärtige Amt sieht das anders. In einem Lagebericht vom Dezember 1995, der als Entscheidungsgrundlage für die Verwaltungsgerichte gilt, heißt es, daß es eine „unmittelbare staatliche Verfolgung von Oppositionellen“ in Zaire nicht geben würde.

Im Fall von N. Kabuiko orientierte sich das Verwaltungsgericht an diesem Lagebericht des Auswärtigen Amtes und entschied, daß eine Gefährdung für den Antragsteller aufgrund seiner Mitgliedschaft in der UDPS und wegen der Asylantragstellung im Ausland „nicht gegeben“ sei.

Eine Verfassungsbeschwerde von N. Kabuiko gegen dieses Verwaltungsgerichtsurteil wurde vom 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Somit war für den Bundesgrenzschutz der Weg zur Abschiebung von N. Kabuiko frei.

Schon am Flughafen in Kinshasa sei N. Kabuiko von sogenannten Sicherheitskräften in Empfang genommen und dann offenbar verschleppt worden, sagt sein Anwalt Günther Baur aus Rastatt. Informiert wurde Baur telegraphisch vom Vater des Verschwundenen. Selbst intensive Nachforschungen der deutschen Botschaft und von Menschenrechtsorganisationen nach dem Verbleib des Oppositionellen seien ergebnislos geblieben. Nach Informationen von ai sind in Zaire bereits mehrere in ihre Heimat zurückgeschobene Asylbewerber in Kinshasa festgenommen worden und danach nicht wieder aufgetaucht. Gesicherte Informationen zu diesen Fällen gebe es allerdings nicht. Denn inzwischen seien in Zaire auch Menschenrechtler, die Nachforschungen anstellten, „in einem erschreckenden Maß selbst Opfer von Verfolgung“, heißt es in einem Gutachten von ai für das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster.

Dagegen steht in dem der taz vorliegenden Bericht des Auswärtigen Amtes über die „asyl- und abschieberelevante Lage in Zaire“, daß „nach Ansicht der meisten Menschenrechtsorganisationen“ keine Verfolgungswahrscheinlichkeit für in der Vergangenheit liegende Aktivitäten bestehe. „Unmenschliche oder erniedrigende Strafen gibt es in Zaire nicht“, heißt es in dem AA-Bericht vom Dezember 95 weiter. Allerdings existierten „geheime Arrestzellen“. Klaus-Peter Klingelschmitt